Teamgeist macht scharf

Der Schweizer Markus Fuchs gewinnt das Weltcupturnier der Springreiter in Berlin und profitiert dabei von einer neuen Entwicklung im Reitsport: Corporate Identity statt Nationalismus

aus Berlin MATTI LIESKE

Schon der Name spricht Bände: „Sprehe Feinkost Preis“ nennt sich das Weltcup-Springen beim CHI-Reitturnier in Berlin. Das ist ungefähr so, als gäbe es im Tennis die „Frankie’s Diner US Open“ in New York oder im alpinen Skifahren das „Stangl-Wirt Hahnenkamm-Rennen“ von Kitzbühel. Seit sich der Autokonzern Volvo vor zwei Jahren als Hauptsponsor zurückzog, sind die fetten Jahre des Weltcups der Springreiter eindeutig vorbei.

Die Suche nach einem Nachfolger, der wie Volvo 15 Millionen Mark pro Jahr in den Reitsport investiert, scheint bis auf weiteres aussichtslos, und die Turnierorganisatoren müssen nun selbst sehen, wo sie das Geld für ihre Veranstaltungen herbekommen. Einige der 13 Turniere, bei denen die 18 westeuropäischen Reiter für das Weltcup-Finale im April in Göteborg ermittelt werden, stecken in argen finanziellen Schwierigkeiten. 100.000 Mark sind für den Weltcup-Status an den Weltverband FEI zu bezahlen, mindestens 125.000 Euro an Preisgeldern zu garantieren. Die Topstars hat man damit allerdings noch nicht auf seinem Parcours, diese picken sich für das Sammeln von Punkten die lukrativsten Plätze heraus.

Berlin als vierte Station der Weltcupserie steht nach wie vor gut da. Insgesamt 800.000 Mark Preisgeld an den vier Turniertagen sorgten dafür, dass ziemlich alles, was Rang und Namen hat, am Start war. Und die 13.000 Euro, die der samstägliche Weltcup für den Sieger bereit hielt, garantierten einen gut besetzten Wettkampf. Lediglich Rodrigo Pessoa, von US-Zeitungen als „Michael Jordan des Reitsports“ umschwärmt, konnte es sich leisten, auf den Weltcup zu verzichten. Als Pokalverteidiger ist er für das Finale qualifiziert, widmete seine Energien lieber dem abendlichen Audi-Championat und durfte nach seinem Triumph ein 120.000-Mark-Gefährt des Namenssponsors satteln.

Zuvor hatten 7.800 Zuschauer ein packendes Duell zwischen dem Deutschen René Tebbel und dem Schweizer Markus Fuchs gesehen, das schließlich durch eine neue Art von equestrischem Teamgeist entschieden wurde. Tebbel, über dem seit einem Jahr das Damoklesschwert einer Sperre wegen Tierquälerei und Manipulation schwebt, hatte mit rasantem Nullfehlerritt das Stechen eröffent. Fuchs gedachte eigentlich, auf Nummer sicher zu gehen und Platz zwei anzuvisieren. „Doch dann haben mich Franke und Rodrigo scharf gemacht.“ Solchermaßem motiviert, jagte der 45-Jährige seinen Hengst Tinka’s Boy noch ein Sekündchen schneller als Tebbel über den Kurs.

Rodrigo, das war natürlich der Brasilianer Pessoa, beim anderen Ratgeber handelt es sich um den Deutschen Franke Sloothaak, der nicht ohne Grund dieselbe lindgrüne Reitjacke wie Fuchs trägt. Beide gehören dem Team des schwedischen Telekommunikationskonzerns Ericsson an und beide sind der Ansicht, das in solchen Mannschaften die Zukunft liegt, auch wenn es, wie Fuchs glaubt, noch zwei, drei Jahre dauern könne, „bis andere Weltfirmen entdecken, dass im Reiten mit relativ bescheidenem Einsatz eine große Wirkung erzielt werden kann“.

300.000 Mark im Jahr soll Ericsson seinen sechs sorgsam ausgewählten Reitersleuten, darunter auch der deutsche Olympiasieger Marcus Ehning und die in ihrer Heimat sehr populäre Schwedin Maria Gretzer, pro Jahr zahlen, andere Firmen mit eigenen Teams würden ihre Leute beim Pferdekauf oder den Reisekosten unterstützen, sagt Weltcup-Veranstalter Hein Bruger.

Ende November wird es in Maastricht erstmals ein Springen nur für Firmenteams geben, in Zukunft sollen derartige Veranstaltungen zunehmend Eingang in den Turnierkalender finden. An eine Ablösung der Nationenpreise ist zwar nicht gedacht, aber, so Bruger: „Man muss schließlich sehen, dass das Jahr 2000 etwas anderes ist als das Jahr 1930.“

Klar ist den Reitern, dass der von Franke Sloothaak gern gebrauchte Vergleich mit den multinationalen Teams der Radprofis ein wenig hinkt, weil beim Pferdesport die Kooperation im Wettkampf auf das Zusammenwirken von Mensch und Tier beschränkt ist. „Aber“, betont Markus Fuchs, „wir kommen uns näher. Der Teamgedanke findet schon statt.“ Und äußert sich zum Beispiel durch Scharfmacherei in einem Stechen beim Weltcup.