: Stille Teilhaber im Drogenhandel
Der peruanische Präsident Fujimori soll eine Million Dollar Wahlkampfzuschuss aus den Kassen des Medellín-Kartells erhalten haben. Sein inzwischen untergetauchter Berater Montesinos soll die Kontakte zu den Drogenhändlern geknüpft haben
aus Buenos Aires INGO MALCHER
Je weiter sein Regime zerfällt, umso mehr Dinge kommen ans Licht. Alberto Fujimori ist dieser Tage ein einsamer Mann, der seine ehemaligen Komplizen nicht mehr in der Hand hat. Zehn Jahre lang kontrollierte er das Land und machte dabei gute Geschäfte – offenbar auch mit Drogenhändlern. Fujimoris erste Wahlkampagne im Jahr 1989 soll von Pablo Escobar finanziert worden sein, dem Kopf des berüchtigten Medellín-Kartells. Immer mehr inhaftierte Drogenbosse packen nun aus und belasten auch Fujimoris engsten Vertrauten, Vladimiro Montesinos.
Am Samstag war es Roberto Escobar, der Bruder des Medellín-Chefs, der sein Wissen über Fujimori und Montesinos kundtat. Der von dem Schriftsteller Gabriel García Márquez in Kolumbien herausgegebenen Zeitschrift Cambio sagte er: „Als Fujimori Ende des Jahres 1989 zum ersten Mal Wahlkampf machte, gab ihm mein Bruder eine Summe Geld dafür, es war etwa eine Million Dollar in bar.“ Und fortan hatte Escobar in Fujimori einen wichtigen Verbündeten, denn dieser gewann die Wahlen und wurde Präsident. Die Million wurde gezahlt, damit Flugzeuge des Medellín-Kartells ungestört peruanische Kokapaste in die Labors der Organisation nach Kolumbien ausfliegen konnten.
Eingefädelt worden sei der Pakt zwischen Kandidat und Kartell von Vladimiro Montesinos. Er soll im geheimen Versteck von Escobar angerufen und darauf hingewiesen haben, dass Fujimori gute Chancen habe, Präsident zu werden. Escobar ließ sich überzeugen und schickte Geld. Auch zum persönlichen Gespräch zwischen Fujimori und dem Drogenboss soll es laut Roberto Escobar gekommen sein. „Fujimori sagte zu Pablo, dass wenn er Präsident werde, er sehr gerne, so weit er könne, kollaborieren werde.“ Beweise für diese Behauptungen hat Roberto Escobar nicht. „In der Mafia hebt man niemals Dokumente auf“, sagt er. Aber Zeugen soll es geben, die seine Behauptungen bestätigen können.
Roberto Escobar war einer der wichtigsten Köpfe des Medellín-Kartells. Sein Bruder Pablo, der Boss der Organisation, wurde vor sieben Jahren von der Polizei erschossen. Roberto wurde zu einer Haftstrafe verurteilt und befindet sich derzeit in einem Gefängniskrankenhaus in der Nähe von Medellín. 1993 war er im Gefängnis Opfer eines Attentats geworden und ist seitdem fast blind. Als er seine Haftstrafe abgesessen hatte und schon dabei war, die Koffer zu packen, wurde erneut ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt. Wegen Entführung drohen dem heute 52-Jährigen bis zu 25 Jahre Gefängnis.
Die von ihm gemachten Vorwürfe sind nicht völlig neu. Schon 1996 hatte der kolumbianische Drogenhändler Demetrio Peñaherrera bei seinem Prozess in Peru Montesinos beschuldigt, sein Teilhaber gewesen zu sein. Monatlich habe er 50.000 Dollar an Montesinos überwiesen, damit seine Flugzeuge die Kokapaste nach Kolumbien ausfliegen konnten. Im Oktober sagte ein in Panama inhaftierter Drogenboss, der peruanischen Zeitung La República, dass Montesinos pro ausgeflogenem Kilogramm Kokapaste 700 Dollar kassiert habe. Vor zwei Wochen teilte die Schweizer Botschaft in Lima der peruanischen Regierung mit, dass Montesinos in der Schweiz 48 Millionen Dollar gebunkert haben soll. Er ist nach wie vor in Peru untergetaucht.
Eine Frage aber bleibt. Warum spricht Roberto Escobar erst jetzt? Er antwortete auf diese Frage mit den Worten, er habe „persönliche Gründe“. Und er versprach mehr. Wann und wo, hat er nicht gesagt. Die Drogenbosse wollen wohl die politische Konjunktur ausnutzen und einen Teil der Schuld auf Montesinos schieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen