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BERICHT DER INTERNATIONALEN STAUDAMMKOMMISSIONKleiner ist feiner

Wenn ein mühsam vorbereiteter Bericht etwas zusammenfasst, was sowieso schon alle wissen, dann landet er gerne im Aktenschrank. Interessant, Danke schön, und Staub drüber. Dem Bericht der internationalen Staudammkommission, der heute in London vorgestellt wird, könnte so etwas drohen, aber es wäre falsch. Der Abschlussbericht erzählt von Millionen Vertriebenen, von tausenden Hektar sinnlos versunkener Ackerflächen und Wälder – und das alles für oft nutzlose Projekte.

Der Bericht ist eine verheerende Anklage an die Adresse all jener, die daran beteiligt sind: die Weltbank, die viele Dämme mitfinanziert – mit deutscher Beteiligung. Die Banken, die dabei diskret mittun. Die Firmen, die eifrig mitbauen, darunter gerne und oft deutsche Unternehmen wie Siemens und Lahmeyer International. Und auch die deutsche Regierung, die dafür Bürgschaften und Kredite bereitstellt. Sie alle haben immer wieder mit fadenscheinigen Argumenten Großstaudämme mitgebaut. Deutschland etwa will seine Wirtschaftsbeziehungen pflegen und beteiligt sich deshalb an dem Megaprojekt „Drei Schluchten“ in China. Siemens macht mit, abgesichert durch staatliche Hermes-Bürgschaften.

Für all die „Angeklagten“ ist der Bericht leider aber auch die Chance, die ewigen, nervenaufreibenden Proteste gegen große Staudämme verstummen zu lassen. Denn eines sagt der Bericht nicht: dass Staudämme per se schlecht sind. Das Stauen von Wasser, um zu bewässern, Trinkwasserreservoirs zu schaffen, Mühlen zu betreiben, Strom zu erzeugen, ist uralt und hat sich bewährt. Aber es ist eben nicht jeder Damm per se gut, und je größer die Dämme sind, desto eher ist mit irreversiblen Schäden für Mensch, Umwelt und Klima zu rechnen. Die Energieprobleme großer Städte löst man nicht durch große Wasserkraftwerke.

Gleichwohl hat der Weltbankpräsident James Wolfensohn Anfang November öffentlich bedauert, dass sein Institut nicht mehr an dem Staudammprojekt Sardar-Sarovar in Indien beteiligt ist, und von Neueinstieg geredet. Das ist das falsche Signal. Dezentrale, kleine Dämme bauen heißt, weniger fossile Brennstoffe verwenden, lokale Strukturen fördern und damit Abwanderung in überbordende Stadtmoloche verhindern. Heißt aber auch: kleine Turbinen und lokale Baufirmen und weniger lukrative Aufträge für Weltkonzerne. Die Industrie hat signalisiert, dass sie für eine neue Orientierung in der Staudammpolitik offen ist. Politiker der rot-grünen Koalition hingegen wehren sich noch gegen eine Reform der Bürgschaften, die Großstaudämme aus der Förderung streichen würde. Der Bericht liefert dafür gute Argumente.

MAIKE RADEMAKER

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