: restaurantkritik
Verhinderter Kanzlertreff
Zimtfarbene Servietten und Tischdecken verheißen Eleganz, doch ein Supermarkt-Teelicht im offenen Glas zeigt die Nähe zum Leben der einfachen Leute. Im „Café Adermann“ in Berlins Oranienburger Straße in Mitte wollten am Dienstagabend Bundeskanzler, Außenminister und Anhang in fröhlicher Runde über die Zukunft der Koalition plaudern. Wegen akuter Krisenstimmung zogen sie ins wohl besser isolierte Kanzleramt.
Aufs Essen von Restaurantchef Wolfgang Müller wollten sie aber nicht verzichten. Sie ließen Kellner, Köche, Weine, Speisen vom „Adermann“ in den Sitzungssaal fahren. Im Café selbst gab es daher für die taz-Testesser nur noch Bistro-Küche, „wenn man’s im Geldbeutel mal nicht so dick hat“, wie der Chef der hauseigenen Bar erläuterte. Beim Lachsmedaillon mit Nudeln in Kerbelsauce (21 Mark) überzeugte der Fisch mehr als die Pasta. Beim Wein (guter Merlot) ist zu warnen vor den formschönen Karaffen (die kleckern!). Dass der Brotkorb ohne Butter auskommen muss, hätte man in einem Etablissement dieser Klasse nicht erwartet. Das Dessert (Crème brulée) opferten die Testesser zugunsten eines Blickes auf das älteste Parkett Berlins (von 1839), das im ersten Stock des Hauses unter Glas gelegt ist.
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