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Muss die kmb weg?

■ Eine „Anstoß“-Debatte über die Probleme einer privaten Kultur-Verwaltung geriet in der Galerie Rabus zum Tribunal über die kmb

Stellen wir uns doch mal janz blöd, Pfeiffer mit drei f: Wat is' eigentlich 'ne kmb? Das Kürzel erklärt sich schnell. Die von ihm provozierten heftigen Emotionen bei ansonsten besonnenen Bremer Kulturschaffenden dagegen nicht. Spätestens seit Kultursenator Bernt Schulte (CDU) vor Monaten verlauten ließ, er wolle die kultur.management.bremen GmbH mit dem betrauen, was bisher die staatliche Kulturverwaltung erledigt, erkennt man die Kulturleute schon von weiten an ihren zornroten Gesichtern.

Zwar will inzwischen außer der CDU von der sogenannten „kmb-Beleihung“ keiner mehr was wissen (vgl. gestrige taz). Aber an CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff kommt man in Bremen schwer vorbei. Und so genügt schon die Existenz dieses christlichen Beleihungs-Fanclubs, um die Kulturinitiative „Anstoß“ auch weiter zu nötigen, wie jetzt in der Galerie Rabus Debatten über den (Un)Sinn einer Beleihung zu veranstalten.

Ein großer Raum voller Menschen saß da zusammen und fragte sich: Wat is' eigentlich 'ne kmb? Die Antwort ist so einfach nicht. 1999 aufgrund einer Empfehlung der Unternehmensberatung MkKinsey als Servicefirma für die Kultureinrichtungen gegründet, gilt sie bei eben jenen inzwischen als größter anzunehmender Unfall. Mindestens drei Gründe haben dazu geführt. Die kmb führt derzeit ein neues betriebswirtschaftliches Controllingsystem ein, was den Einrichtungen wegen der für sie zeitintensiven und aus ihrer Sicht teilweise unsinnigen Datenerhebung überhaupt nicht schmeckt. Als freundliche Servicefirma von nebenan wurde die kmb nie erlebt; Dank der Rückendeckung Schultes weitete sie vielmehr ihren mit arbeitsinternen Zwängen begründeten Aktionsradius stetig aus. Und schließlich genießt sie die größte Wertschätzung des Finanzressorts und des Kultursenators. Wo auch immer Schulte auftaucht, kmb-Geschäftsführer Volker Heller ist nicht fern. Im Zeitalter des Sanierungssicherstellungsgesetzes aber, das zum Zwecke der Gesundung Bremens dem Kulturetat einen Aderlass von 30 Prozent bis 2005 abverlangt, erzeugt das tiefes Miss-trauen. Viele glauben, Hellers Job sei, die dafür zwingend erforderliche Opferliste zusammenzustellen.

Immerhin: Mit der Distanzierung der SPD von den Beleihungsplänen haben sich für die Anstoß-AktivistInnen die Arbeitsschwerpunkte verlagert. Die SPD-Position müsse Koalitionsposition werden, sagte Anstoß-Gründerin Katrin Rabus. Doch für den anstößigen Klaus Pierwoß wäre das nur ein vorläufiges Ziel. Denn auch im unbeliehenen Zustand sei Hellers Einfluss auf die Politik des Kultursenators unheilvoll, verstärke dessen Denken in kruden ökonomistischen Effizienz-Kategorien. Zu Ende gedacht, konnte Pierwoß' Statement nur eines bedeuten: Die kmb muss verschwinden, komplett. Wohl kaum jemand hätte widersprochen, wäre das laut formuliert worden.

Somit aber bewegte sich die Debatte in der Galerie Rabus schon jenseits jener Fragestellungen, die zuvor Dian Schefold in seinem Vortrag erörtert hatte. Der Bremer Jurist hatte erklärt, warum eine kmb-Beleihung verfassungsrechtlich problematisch sei. Seine Argumente orientierten sich an dem Gutachten, dass er kürzlich im Auftrag der Bremer Grünen erarbeitet hatte und mit dem die Opposition die Verfassungswidrigkeit der in ihrem Ausmaß bundesweit einmaligen Art der Bremer Verwaltungsprivatisierung beweisen will. Was für HVG, BIG, BIS, ZICK und ZACK gilt, gilt laut Schefold halt auch für eine beliehene kmb: Die große Koalition überträgt privaten Gesellschaften im großen Umfang hoheitliche Aufgaben, sorgt aber nicht im gleichem Maß dafür, dass der Einfluss des Parlaments auf diese GmbHs gewahrt bleibt.

Die kmb sei aber nicht nur schwer zu kontrollieren. Erschwerend komme hinzu, dass sie im Kultursektor eine Zweckrationalität etabliere, mit der man problemlos Wirtschafts, aber eben nicht Kulturförderung betreiben könne. Die Grundsätze der von der Verfassung garantierten Kulturförderung seien eben anders als profitmaximierend zu begründen. Darüber müssten gewählte ParlamentariererInnen, nicht aber ernannte Geschäftsführer entscheiden.

So ist das halt derzeit im Bremer Gemeinwesen: Niemand glaubt den Beteuerungen der kmb, dass ihr Controllingverfahren nicht der Erfüllung der Sanierungsvorgaben diene. Niemand glaubt ihren Hinweisen, dass die in der Vergangenheit von der Kulturverwaltung erhobenen Daten aus den Kultureinrichtungen oft unvollständig und für politische Entscheidungsträger nutzlos waren. Und gar niemand schenkt der kmb Glauben, wenn sie sagt, nur eine ökonomische Transparenz im kmb-Sinne schütze die Einrichtungen vor den fortwährenden Begehrlichkeiten aus dem Finanzressort. Denn, so die kmb, wenn man in der einzigen dort verstandenen Zahlen-Daten-Fakten-Sprache belegen kann, dass die Kulturszene alle Einsparpotenziale ausgeschöpft habe, suchen die sich ihre Opfer eben anderswo.

Also, Pfeiffer mit drei f: Wat is' nu die kmb? All das, was die Leute in ihr sehen wollen. Und das ist zurzeit verdammt viel Negatives. zott

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