Garten Eden ist Saisonarbeit

LandschaftsgärtnerIn werden – für viele immer noch ein Traum. Schwierig wird es für jene, die im Winter nicht in den Genuss von Schlechtwettergeld kommen, sondern ganz einfach entlassen werden

von KARIN HAHN

Der Anblick muss gewaltig sein: Fünfzig Meter hohe Glaskuppeln überdachen eine verlassene Lehmgrube an der Südwestküste Englands. Unter ihnen wächst ein tropischer Regenwald heran, plätschert ein 25 Meter hoher Wasserfall und gedeihen Bananen, Zuckerrohr und Tee. Das „Projekt Eden“ des ehemaligen Rockmusikers Tim Smit ist die zurzeit ambitionierteste gärtnerische Anlage der Welt. „Ein lebendes Theater der Pflanzen“ soll nach Ansicht des Bauherrn entstehen. Kein botanischer Garten, der einfach zahlreiche Pflanzen, mit lateinischem Namensschild versehen, präsentiert, sondern ein Themenpark der Natur – eine ideale Spielwiese für Landschaftsgärtner.

Sven Tauchert kann von einem solchen Projekt nur träumen. Der Berliner Landschaftsgärtner ist zurzeit mal wieder – wie so oft in den letzten Jahren – arbeitslos. „Zuletzt habe ich zwei Jahre lang im Rahmen eines SAM-Projekts zusammen mit Jugendlichen in Lichtenberg eine Gartenanlage geplant und gestaltet“, berichtet Sven. Diese Aufgabe ging weit über die eigentliche gärtnerische Tätigkeit hinaus, denn die Kids kamen aus der rechten Szene. Doch Sven Tauchert ließ sich von der Aufgabe nicht abschrecken, im Gegenteil: „Es ist mir gelungen, dass Interesse der Jugendlichen zu wecken, und durch die Arbeit im Garten haben sie ein Gefühl für die Natur bekommen. Arten und Naturschutz wurde für die Kids auf einmal wichtig.“

Die Entwicklung zum „Naturfreund“ führte bei ihnen jedoch über die Erkenntnis, dass ein Garten mit Golfrasen und Rhododendronbüschen „schweinisch viel Arbeit“ macht. Also entstand ein Naturgarten. Biotope wurden angelegt, und als sich in dem Garten nach einiger Zeit Nashornkäfer, die zweitgrößten Käfer Europas, ansiedelten, waren die Jugendlichen sehr stolz auf ihre Oase.

Das Ende des Projekts kam mit Haushaltskürzungen im Jugendbereich, denen allein in Lichtenberg 480 Stellen zum Opfer fielen. Sven Tauchert geht seit November wieder stempeln. Vor dem Frühjahr wird er kaum eine neue Anstellung finden. Landschaftsgärtner ist für ihn schon längst kein Traumberuf mehr. Er fühlt sich immer mehr als Saisonarbeiter.

In Deutschland arbeiten rund 9.600 Betriebe mit etwa 86.000 Beschäftigten im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau. Der Umsatz in dieser Branche beläuft sich auf mehr als 8,5 Milliarden Mark jährlich. Die Zahl der Ausbildungsplätze ist in den letzten Jahren ständig gestiegen. Zurzeit erlernen über 6.200 Jugendliche den Beruf des Gärtners mit der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau.

Der Beruf ist beliebt, denn er bietet viele Möglichkeiten. Landschaftsgärtner begrünen Dächer, planen Gärten, Spiel- und Sportplätze, führen die notwendigen Erdarbeiten durch, legen Wege an, pflanzen Blumen, Sträucher und Bäume und sind für die Pflege und Instandhaltung der Anlagen zuständig.

Die Hauptarbeit fällt im Frühjahr und Sommer an, aber auch im Herbst und im Winter gibt es für Landschaftsgärtner viel zu tun. Im Herbst muß das Laub beseitigt werden, der Holzschnitt wird durchgeführt, und bestimmte Pflanzen werden eingedeckt und winterfest gemacht. „In den letzten Jahren waren die Witterungsverhältnisse derart, dass auch im Winter Baumaßnahmen durchgeführt werden konnten“, berichtet Martin Erdmann vom Fachverband des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus Berlin-Brandenburg. Nach Auskunft des Fachverbandes werden zum Winter keine Gärtner entlassen. Schließlich gibt es auch die brancheneigene Schlechtwettergeldordnung. Sollte aufgrund schlechter Witterungsbedingungen die Arbeit zwischen dem 1. November und dem 28. Februar nicht möglich sein, erhalten die Arbeitnehmer immerhin 67 Prozent ihres Nettogehalts.

Getragen wird die Schlechtwettergeldkasse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dass diese Regelung weitgehend greift, zeigt die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. So steigt die Zahl der arbeitslos gemeldeten Landschaftsgärtner zu den Wintermonaten nicht sprunghaft an. Sind in den Sommermonaten etwa 400 ohne Beschäftigung, so sind es in den Wintermonaten zirka 500. Doch diese Tatsache tröstet Sven Tauchert nur wenig. Er ist es leid, sich immer wieder eine neue Stellung zu suchen, und träumt weiter von der festen Anstellung.