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Noch ein Werbeblock für das Pay-TV

In Berlin soll ein modernes Multimedianetz entstehen. Welchen Nutzen das aufgerüstete Netz haben kann, war das Thema des 7. Zukunftsgesprächs des Berliner Senats. Eines wurde klar: Den größten Nutzen hat die Werbewirtschaft

Wenn die Frage nach dem „Mehrnutzen“ eines neuen Multimediaangebotes gestellt wird, ist die Lieblingsantwort von Ferdinand Kayser, Geschäftsführer bei Premiere World: „Fußball. Bei uns können Sie alle 306 Bundesligaspiele live sehen.“

Zusammen mit Ingrid Walther (Senatswirtschaftsverwaltung), Alice Ströver (Grüne), Michael Schacht von der Bertelsmann Broadband Group sowie dem Sprecher von Kabel Berlin/Brandenburg, Rüttger Keienburg, diskutierte Kayser am Dienstagabend beim 7. Zukunftsgespräch des Senats zum Thema: „Nach der Tagesschau zum Online-Shopping? Der Fernseher als Multimediakiste“. Die Diskussion befasste sich mit den Möglichkeiten, die ein mittels Breitband aufgerüstetes Berliner Kabelnetz dem Nutzer bieten kann.

Die TV-Zukunft wird wie Fernsehen aussehen, erfüllt aber die Funktionen des Internets. Diese Konvergenz zwischen TV und Internet soll zu neuen Multimedia-Angeboten führen: Online-Shopping, Video-on-Demand, Home-Banking, E-Mails und vor allem ein auf die jeweiligen Nutzer zugeschnittenes Programmangebot. „So wie man im Web surft, wird man auch im TV der Zukunft sein eigenes Programm zusammenstellen können“, so Michael Schacht von Bertelsmann.

Anfangs standen im Gespräch technische Probleme im Vordergrund. Wie kann das Berliner Netz ausgebaut werden, wer soll die Kosten tragen, was können die Settop-Boxen, eine Art Schnittstelle zwischen TV-Gerät und Internet, leisten. Roger Keienburg von Kabel Berlin sah das alles pragmatisch: „Man darf nicht die Schwierigkeiten sehen, sondern wir müssen uns auf die Möglichkeiten konzentrieren.“

In der Folge präsentierte sich die Veranstaltung denn auch als das, was sie war: ein Werbeblock für Pay-TV. Denn wirklich neue Konzepte konnte niemand der Anwesenden bieten. Alle Beispiele für ein neues multimediales Erlebnis im zukünftigen Programm gingen auf die traditionellen Medienangebote zurück. Die Sache wurde lediglich um kleinere, natürlich verkaufsfördernde Gimmicks erweitert. „Beim Ansehen eines Videoclips kann man gleich die CD bestellen oder die Biografie des Künstlers kaufen“, erklärte Michael Schacht von Bertelsmann. „Aber vielleicht müssen wir auch ganz andere Inhalte erfinden“, fügte Schacht weitsichtig hinzu.

Zu den Inhalten eines künftigen Multimedianetzes fiel auch den politischen Vertreterinnen auf dieser Veranstaltung nicht viel ein. „Wir verstehen uns ausschließlich als ‚Enabler‘“, meinte Ingrid Walther vom Wirtschaftssenat, kein Berliner dürfe vom Zugang zum E-Commerce ausgeschlossen werden. Dabei müsse Berlin an der Spitze der Entwicklung stehen. Alice Ströver von den Grünen wies immerhin darauf hin, dass „der Tag auch nur 24 Stunden hat“. Viele Nutzer seien schon übersättigt von den immer gleichen Angeboten. Alternativen konnte aber auch sie nicht aufzeigen, Informations- und Lernprogramme kamen zum Beispiel nur am Rande vor, regionale und nichtkommerzielle Formate wurden überhaupt nicht erwähnt. JÖRG STREICHERT

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