: Good morning Bill!
US-Präsident Clinton bemüht sich in Vietnam um einen versöhnlichen Ton, in dem er an die Opfer des Krieges auf beiden Seiten erinnert
von JUTTA LIETSCH
Mit Zitaten aus der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung hat US-Präsident Bill Clinton vor vietnamesischen Studenten gestern „das Recht auf Freiheit“ betont. In der vom Fernsehen direkt übertragenen Rede an der Hanoier Nationaluniversität erinnerte Clinton an die Opfer des Vietnamkrieges auf beiden Seiten. Der Krieg habe eine „unvergleichlich enge Beziehung zwischen den USA und Vietnam hervorgebracht“. Die Rede war der Höhepunkt des ersten Tages seines Staatsbesuches, der Sonntag in Ho Chi Minh Stadt endet.
Vorsichtig forderte Clinton die Regierung auf, die Menschenrechte stärker zu respektieren, das politische System zu öffnen und die Wirtschaft stärker zu liberalisieren. „Lassen Sie mich mit Nachdruck sagen, das wir nicht versuchen, Ihnen diese Ideale aufzuzwingen, und wir könnten es auch gar nicht.“ Nur die Vietnamesen selbst „können enscheiden, ob sie ihre Märkte und ihre Gesellschaft öffnen und die Rechtsstaatlichkeit stärken wollen“, fügte er hinzu.
Clinton besucht Vietnam als erster US-Präsident seit dem Ende des Krieges 1975. Obwohl der Zeitpunkt seines Eintreffens am Donnerstagabend in Vietnams Medien nicht bekannt gegeben worden war, säumten in Hanoi tausende Menschen den Weg vom Flugplatz zu Clintons Hotel. Der offizielle Empfang war zurückhaltend freundlich: Außenminister Nien Dy Nguyen bezeichnete den Besuch als „Chance, das gegenseitige Verständnis zu verbessern“. Präsident Tran Duc Luong und Premier Phan Van Khai hatten Clinton zuvor darauf hingewiesen, dass es „unterschiedliche Vorstellungen von Menschenrechten“ gebe, so ein US-Sprecher.
Clinton lobte die Bereitschaft der Vietnamesen, nach den Überresten der 1.500 vermissten US-Soldaten zu suchen. Im Gegenzug habe er „350.000 Seiten Dokumente“ aus Washington mitgebracht, die Vietnam bei der Suche nach seinen Gefallenen helfen sollten, erklärte der Präsident. Zwei Millionen vietnamesische Zivilisten und fast eine Million Soldaten kamen in dem „amerikanischen Krieg“ um.
Clinton kündigte engere Wirtschaftsbeziehungen, Entwicklungsprojekte und eine Zusammenarbeit bei Umweltschutz und Technologie an. Kritiker fordern von den USA den Verzicht auf die Rückzahlung eines 145-Millionen-Dollar-Kredits, den Südvietnam im Krieg erhalten hatte. Hanoi hatte 1997 einer Rückzahlung zugestimmt.
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