: Mit Statistik-Tricks gegen Cuxhaven?
■ Konfusion um geheimes Roland-Berger-Gutachten zum Tiefwasserhafen
Das Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger über den Standort für einen künftigen Tiefwasserhafen an der deutschen Nordseeküste steht in der Kritik. Das Statistische Landesamt Niedersachsen dementierte allerdings gestern, es habe die Verwendung veralteter Daten über das Einkommensniveau an den konkurrierenden Standorten Wilhelmshaven und Cuxhaven moniert. Ein Mitarbeiter des Amtes sei von der Nordsee-Zeitung falsch interpretiert worden. In dem Berger-Gutachten wird mit der Lohn- und Einkommensteuerstatistik aus dem Jahr 1995 operiert, nach der das mittlere Einkommen in Wilhelmshaven um 6.000 Mark unter jenem in Cuxhaven liegt. Die Statistik wird nur alle drei Jahre erhoben, die Zahlen für 1998 liegen noch nicht vor. Veraltet waren die Berger-Zahlen also nicht.
Allerdings werden in einer weiteren Statistik monatlich die Einkommen im verarbeitenden Gewerbe erhoben. Hier liegt Wilhelmshaven wegen der Erdölverarbeitung deutlich über der Konkurrenz aus Cuxhaven. Die Zahlen wurden, obwohl aktueller, von den Berger-Prüfern nicht berücksichtigt. Laut Projektmanager Stefan Schaible bewusst: „Containerterminals sind heute High-Tech-Betriebe und nicht mit klassischen Produktionsunternehmen zu vergleichen.“ Außerdem spielten im Gutachten die Lohnkosten eine untergeordnete Rolle, stapelt Schaible tief.
Der Gutachter bestätigt indes, dass bei einer Entscheidung für Wilhelmshaven 240 Millionen Mark mehr für den zweispurigen Eisenbahn-Ausbau anfallen als in Cuxhaven. Das sei aber nicht in die Berechnung der Infrastrukturkosten eingeflossen, „weil die Gleise ja nicht ausschließlich für den neuen Hafen genutzt werden“. Niedersachsens Landesregierung will heute die Veröffentlichung des Gutachtens beschließen, allerdings wird Widerstand vom Mitauftraggeber Hamburg erwartet. Unterdessen haben die SPD-Fraktionschefs von Bremen und Niedersachsen, Jens Böhrnsen und Axel Plaue, eine Standort-Entscheidung bis zum 31. März 2001 gefordert. jank
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen