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Gesicht gewahrt, Amt verloren

Japans Premier Mori gewinnt nach einem parteiinternen Deal eine letzte Gnadenfrist, dürfte jedoch trotzdem in naher Zukunft ausgetauscht werden

TOKIO taz ■ Buchstäblich in letzter Sekunde verhinderte die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) eine Niederlage von Premierminister Yoshiro Mori in einer Misstrauensabstimmung. Die Opposition hatte den Antrag bereits eingereicht und zählte auf die Unterstützung von zwei rebellierenden LDP-Fraktionen, die mit Moris Politik unzufrieden sind. Koichi Kato, früherer LDP-Generalsekretär und Anführer der zweitstärksten Parteifraktion und sein enger Mitstreiter Taku Yamasaki erklärten jedoch kurz vor der Abstimmung, dass sie mit ihren Anhängern der Sitzung fernbleiben würden. Damit dürfte das Misstrauensvotum zum Scheitern verurteilt sein, dessen Ergebnis bei Redaktionsschluss noch nicht feststand.

Die Bevölkerung, die dem internen Machtkampf in der Regierungspartei zunächst zynisch gegenüberstand und ihn als politisches Kabukitheater abgetan hatte, unterstützte in gestrigen Umfragen die Rebellen Kato und Yamasaki. Über 80 Prozent der Bevölkerung sind mit dem Premier unzufrieden. Die Enttäuschung über den Rückzug der Rebellen war noch größer. Wieder einmal hatte die undurchsichtige Hinterzimmertaktik der Regierungspartei gewonnen. Die beiden LDP-Patriarchen, Generalsekretär Hiromu Nonaka und Finanzminister Kiichi Miyazawa, schlossen offenbar mit den rebellierenden Fraktionen einen Kompromiss, der am Montag nicht veröffentlicht wurde.

Zuvor hatten sie allen Mitgliedern, die den Misstrauensantrag unterstützen wollten, mit dem Rauswurf aus der Partei gedroht. Kato sprach danach von einem „ehrenhaften Rückzug“, der darauf schließen lässt, dass die LDP-Führung nach der Verabschiedung des Nachtraghaushalts im Laufe dieser Woche mit einem Kabinettswechsel seinen Forderungen nachgeben will.

Damit verhinderte die Regierungspartei eine erneute Aufsplitterung. Die Suche nach einem Nachfolger für Mori hatte schon letzte Woche begonnen. Außenminister Yohei Kono, Ex-Gesundheitsminister Junichiro Koizumi und Ex-Außenminister Masahiko Komura gelten aus aussichtsreichste Kandidaten. Ein Regierungswechsel mit einem dieser „drei Ks“ dürfte jedoch keine nennenswerten Änderungen in Japans Wirtschafts- und Außenpolitik mit sich bringen. „Es ist, als ob ein Anzug von der Stange durch einen anderen ersetzt wird“, erklärte der Chefredaktor der liberalen Tageszeitung Mainichi Shimbun. Noch fehle Japan ein maßgeschneiderter Premier, der dem Land tief greifende Reformen verschreiben könnte. ANDRÉ KUNZ

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