: Katholische Bischöfe sind keine Aussteiger
Mit einer teuren Kampagne wirbt die katholische Kirche für ihre Schwangerenberatung. Denn nach dem Auszug der Bischöfe aus der gesetzlichen Beratung springt vielerorts der Laienverein Donum vitae ein – mit staatlichen Geldern
BERLIN taz ■ Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Mit einer nackten Frau in Embryostellung will die katholische Kirche ab Januar ihre Schwangerenberatung profilieren – gegen die Laienberatung von Donum vitae. „Dieses Motiv ist nicht ganz unumstritten“, räumte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, gestern bei der Präsentation der Info-Kampagne in Berlin ein. 250 Fernsehspots, ganzseitige Anzeigen in Frauen- und Jugendzeitschriften, Plakate auf Straßen und Plätzen – rund 55 Millionen Menschen will die katholische Kirche mit ihrer knapp 2 Millionen Mark teuren Aktion erreichen. Die zentrale Botschaft: „Wir sind nach wie vor da.“
Nach einem Machtwort aus Rom steigen die Bischöfe zum Jahresende aus der gesetzlichen Schwangerenberatung aus. Die von der Amtskirche getragenen Stellen geben ab Januar keine Beratungsscheine mehr aus. Diese sind aber gemäß Paragraf 218 für eine straffreie Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten notwendig. Eine allgemeine Beratung will die Amtskirche auch weiter anbieten. Die Stoßrichtung zeigt schon das Werbemotiv: Die Frau soll sich für das Kind entscheiden.
Donum vitae, das die Lücke nach dem Rückzug der Bischöfe füllen will, spricht dagegen von einer ergebnisoffenen Beratung. Bereits jetzt hat der Verein elf Stellen eingerichtet, bis Ende 2001 sollen es hundert sein. Schon warnt der Leiter der vatikanischen Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, vor kirchenspalterischen Tendenzen. Bereits Ende September hatten die Bischöfe eine inhaltliche Neuausrichtung der Beratungsarbeit beschlossen. Lehmann spricht denn auch nicht von „Ausstieg“, sondern von „Umstieg“. Der Anspruch ist klar: „Zwei kirchliche Beratungen wird es nicht geben.“
Dabei ist die Spaltung längst Realität. Viele Bundesländer, die ein flächendeckendes Beratungsangebot bereitstellen müssen, haben ihren Geldfluss kurzerhand umgeleitet. So verweigert Nordrhein-Westfalens Frauenministerin Birgit Fischer den Bischöfen nun den Zuschuss. „Wir werden auch in Zukunft nur Beratungsstellen fördern, die dem gesetzlichen Beratungsauftrag umfassend entsprechen.“ Und der sieht nun einmal den Schein für die Frau vor. Donum vitae, das 37 der 46 Stellen mit Konfliktberatung weiterführt, erhält 81 Prozent der Personalkosten vom Land erstattet. Auch das Saarland will nur noch den Laienverein fördern.
Besonders ärgert die Bischöfe, dass die bisherige Bastion Bayern fällt. Auf Geld aus München können sie nicht mehr hoffen – das erhält nun Donum vitae. Das Land hat seinen Förderbeitrag sogar um 15 Prozent erhöht. Um die Bischöfe zu besänftigen, hat der Freistaat ihnen Mittel aus der Landesstiftung „Mutter und Kind“ zugesagt.
Hessen ist bemüht, nicht zwischen die Fronten zu geraten. Während das Bistum Fulda die Scheine bereits zum Jahresbeginn einkassiert hatte, ging der Limburger Bischof Franz Kampfhaus auf Distanz. Er will im gesetzlichen Beratungssystem verbleiben, solange die Bischöfe keine Alternative zum Scheinverbot bieten, betont sein Sprecher Michael Wittekind. Die hessische Landesregierung verteilt ihr Geld jedenfalls gleichmäßig auf alle Beratungsträger. In anderen Bundesländern wie Niedersachsen laufen die Gespräche noch.
Die Bischöfe wollen nicht hinnehmen, dass ihnen die Länder den Geldhahn zudrehen, und schrecken vor einer Klage nicht zurück. „Es geht hier um eine Interpretation des Rechts“, sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Rudolf Hammerschmidt, der taz. „Wir haben doch Gewaltenteilung, damit nicht politische Willkür herrscht.“
Die katholischen Laien hatten stets betont, sie wollten einen Beitrag zur Einheit der Kirche leisten. Die Absage der Bischöfe an Donum vitae ist ein Rückschlag. Doch das mag Sprecherin Birgit Mock nicht aussprechen: „In der Äußerung der Bischöfe drückt sich gegenseitiger Respekt aus.“ NICOLE MASCHLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen