Am Ende nur noch Intensiv-Station

■ Das Modell der Zukunft: Krankenhaus Links der Weser wird Gesundheitszentrum, das erste seiner Art in dieser Kombination / Vorbilder sind Mangelware, bis auf Frühläufer in der DDR

Am Anfang stand die klare Ernüchterung: „Den Luxus kann sich das Gesundheitswesen nicht mehr lange leisten.“ In Zukunft müssten die Krankenhäuser selbst sehen, wie sie zu Geld kommen, meint Peter Stremmel, Verwaltungsdirektor am Krankenhaus Links der Weser. Aus der Ernüchterung wurde irgendwann die Vision und ein Neubauprogramm: Ab 2001 soll sich ein neues Gesundheitszentrum um sein Krankenhaus ranken, mit ambulanten Ärzten, ambulanter Rehabilitation, einem Hotel und einem Fortbildungszentrum.

Bislang ist das Konzept noch einmalig in der Republik. Als „Modell der Zukunft“ wird es schon von CDU-Politikerin Brigitte Dreyer gefeiert, das nicht nur Arbeitsplätze sichere, sondern auch neue schaffe. Und auch von der Grünen Karoline Linnert kommt ein „großes Lob“ für das vernetzte Expertensystem am Krankenhaus Links der Weser – nach dem sich in Zukunft die anderen kommunalen Kliniken richten müssten.

Der erste Teil des Konzepts (Reha-Zentrum und Hotel) wurde jetzt von Senat und Deputation beschlossen. Gesundheitssenatorin Hilde Adolf (SPD) erhofft sich insbesondere von dem neuen Reha-Angebot „entscheidende Verbesserungen für die betroffenen Patienten“.

Neu wäre für die Kranken vor allem eine bessere Verzahnung: Die niedergelassenen Ärzte im Gesundheitszentrum leiten die schweren Fälle gleich ans Krankenhaus nebenan weiter. Doppelte Röntgenbilder und Untersuchungen kann man sich in Zukunft sparen. Stattdessen: Kommunikation auf kurzen Wegen. Außerdem können Klinik und Ärztezentrum sich die Anschaffung ultra-teurer Gerätschaften in Zukunft teilen.

Das Reha-System funktioniert ähnlich: Die schweren Fälle werden vom Krankenhaus zur Reha nur ein Haus weiter geschickt und dort ambulant behandelt. Bremen bietet damit die erste teil-stationäre Reha im weiten Umkreis an. 100 Plätze sind geplant. Die Vorteile: Statt im fernen Schwarzwald zu kurieren, kann man schon wieder zu Hause wohnen, kann mit dem Operateur über Fortschritte sprechen. Oder ganz lebenspraktisch: Wenn der Griff in den Geschirrschrank daheim noch Probleme bereitet, lässt sich die Bewegung gleich mit den Krankengymnasten trainieren.

„Früher wurden die Leute entlassen, fielen erst mal in ein Loch und warteten auf einen Reha-Platz“, bemängelt Stremmel. Jetzt kommt das Konzept „teil-stationäre Reha“ für zu Hause langsam ins Rollen, bestätigt auch Martin Hagemann von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin. Rund 20 Prozent der Kuren könnten in Zukunft ambulant durchgeführt werden, hofft der Kostenträger BfA, der damit auch auf Einsparungen setzt. 36 Zentren gibt es inzwischen – vor allem in den Ballungszentren.

Der Bonus fürs Krankenhaus Links der Weser durch das Reha-Angebot und die anzusiedelnden Arztpraxen: Noch kürzere Liegezeiten. Damit bessere Ausnutzung der Fallpauschalen, nach denen die Kliniken in Zukunft bezahlt werden. Und durch schnelleren Patienten-Durchlauf. In 20 Jahren, glaubt Stremmel, wird es irgendwann mehr Ambulanz und immer weniger Krankenhausaufenthalte geben. „Vermutlich haben wir dann nur noch eine Intensivstation.“

Zusätzliches Geld neben den 2,5 Millionen Mark Fördermitteln vom Land erhofft sich Stremmel durch dauerhafte Mieteinnahmen von Arzträumen und Hotel. Das erste Krankenhaus-Hotel in Deutschland soll vor allem für den Familienanhang sein, der die Kranken auf dem Weg ins überregional anerkannte Herzzentrum begleitet und bislang in Pensionen in Brinkum unterkam. Vielleicht mag auch der ein oder andere Privatpatient seine Ruhe lieber im Hotelzimmer finden. Und auch für das angegliederte Fortbildungszentrum machen die geplanten Hotelbetten Sinn.

Manchmal plagen aber selbst den Visionär Stremmel Selbstzweifel: Ob das alles gut geht? Oder ob es sein Krankenhaus in den Ruin stürzen kann. Schließlich holt er sich mit den ambulanten Ärzten Konkurrenz ins Haus. Und geht Wege, für die es kaum Vorbilder gibt. Außer einem: Polykliniken in der DDR funktionierten fast genauso, weiß der Bremer. Nur dass da anders abgerechnet wurde. pipe