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Ankläger kann rechte Spur nicht finden

Beim Tod des sechsjährigen Joseph in Sebnitz verneint der Staatsanwalt Verbindung der Inhaftierten zur rechten Szene

BERLIN/SEBNITZ taz ■ Die drei inhaftierten Verdächtigen im Fall des ermordeten sechsjährigen Joseph Abdulla aus dem sächsischen Sebnitz haben nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft keine Verbindung zur rechten Szene. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe prüft aber weiter, ob sie wegen eines extremistischen Hintergrunds die Ermittlungen an sich zieht.

Der Verdacht, dass einer der Tatverdächtigen der rechten Szene angehört, habe sich nicht bestätigt, sagte der Sprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft, Claus Bogner. Von den drei Verdächtigen bestreiten zwei die Tat, der dritte hatte ein Alibi präsentiert. Alle drei bleiben nach Angaben Bogners in Haft.

Joseph Abdulla war am 13. Juni 1997 im Freibad von Sebnitz unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Nach eidesstattlichen Zeugenaussagen, die die Eltern gesammelt hatten, sollen Neonazis das Kind misshandelt und ertränkt haben. Josephs Vater ist irakischer Herkunft, die Mutter Deutsche. Vor drei Jahren waren Ermittler von einem Badeunfall ausgegangen.

In Sebnitz gedachten gestern rund 400 Menschen mit einem Gottesdienst des Sechsjährigen. Mehrere Politiker forderten ein hartes Vorgehen gegen diejenigen, die für den Tod des Jungen verantwortlich seien. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, wenn die Berichte zuträfen, gehöre der Mord „zum Scheußlichsten, was in den letzten Jahren in Deutschland passiert“ sei. Er erwarte „ein politisches Signal von Verantwortlichen des Freistaates Sachsen und die rückhaltlose Aufklärung des Falles“.

Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf bekräftigte, der Fall müsse schnell aufgeklärt werden. Wenn die Vorwürfe der Eltern Josephs stimmen, wäre das schrecklich. Doch könne dafür nicht die Stadt Sebnitz als rechtsradikale Hochburg stigmatisiert werden. Es müsse erkannt werden, dass Deutschland ein Problem hat und nicht nur die ostdeutschen Länder.

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