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Schmutziger Strom als taktische Masse

Bei der Vorstellung ihrer Jahresbilanz stöhnt die deutsche Stromwirtschaft über schwere Wettbewerbsnachteile, die ihr die Bundesregierung aufgebürdet haben soll. Heute wollen die Konzerne darüber mit Kanzler Schröder reden

BERLIN taz ■ Eigentlich wollten die deutschen Energiekonzerne Kanzler Gerhard Schröder (SPD) heute entgegenkommen. Ganz von selbst kündigten sie einen Importverzicht von „schmutzigem Strom“ aus osteuropäischen AKWs an – gewisse Gegenleistungen vorausgesetzt, natürlich. Dann aber stellte gestern die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) in Berlin ihre Jahresbilanz vor. „Mit Blick auf Globalisierung und EU-Osterweiterung ist das der falsche Weg“, erklärte VDEW-Präsident Günter Marquis. Statt Symptome zu kurieren, müsse man auf eine Übernahme der EU-Umweltstandards durch die Osteuropäer hinwirken. VDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller nannte den angekündigten Selbstverzicht einzelner Unternehmen schlicht „eine Ente. Aus technischen und rechtlichen Gründen gar nicht machbar.“ Im VDEW sind etwa 740 Stromversorger zusammengeschlossen.

Und eigentlich geht es auch gar nicht um „schmutzigen Strom“. Unter „gewissen Gegenleistungen“ stellt sich die Energiewirtschaft Änderungen am Fördergesetz der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) vor. Mit diesem will die Bundesregierung bis 2010 etwa 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen. Die Energiewirtschaft beziffert die auf sie zukommenden Kosten mit etwa 10 Milliarden Mark. Und das, wo Deutschland, der „attraktivste und größte Strommarkt der EU“, nach VDEW-Präsident Marquis sowieso schon mit „schweren Sonderlasten im Wettbewerb“ zu kämpfen hat: Zum einen könne man wegen der ungleichen Öffnung noch nicht vom europäischen Strom-Binnenmarkt sprechen – nur fünf der fünfzehn EU-Länder hätten den Konkurrenten wirklich ihren Markt geöffnet. Zum anderen belaste die Bundesregierung die Stromerzeuger – durch den Ausstieg aus der Kernenergie etwa, die unausgewogene Förderung regenerativer Energien oder die neuen Richtlinien zu Gunsten des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung.

Nicht zu vergessen die Ökosteuer. „Die bringt uns bisher 2,5 Pfennig Mehrbelastung pro Kilowattstunde, und ab Januar noch mal 0,5 Pfennig mehr“, so Marquis. Bislang habe die Stromwirtschaft diese Kosten weitgehend selber getragen. Damit sei aber jetzt Schluss. „Wir haben ein Niveau erreicht, wo das nicht mehr geht.“ Heißt: Den Kunden wird Strom künftig wieder teurer zu stehen kommen. NICK REIMER

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