: Illegaler Müllhandel
Schwedische Fernwärmewerke verbrennen seit Jahren umweltschädlichen Müll aus Deutschland und anderen EU-Ländern. Greenpeace stoppt Schiffsladung
STOCKHOLM taz ■ Greenpeace hat Anfang der Woche in Schweden einen offenbar seit Jahren blühenden illegalen Handel mit umweltgefährlichem Abfall aufgedeckt. Niederländischer Industrie- und Haushaltsmüll, der innerhalb der EU nicht ohne Absegnung durch die Umweltbehörden exportiert werden darf, sollte trotz fehlender Genehmigung in einem schwedischen Wärmekraftwerk verbrannt werden.
Aufgeflogen war das Ganze, als Greenpeace am Montag den holländischen Frachter „RMS Aries“ daran hinderte, in den Hafen von Södertälje einzulaufen. Die Polizei beendete die Blockade am Dienstag. Doch die von Greenpeace arlamierte Naturschutzbehörde nahm die „RMS Aries“ am Kai in Empfang und stellte fest, dass die Schiffsladung aus illegalem Abfall bestand, der weder eingeführt noch verbrannt werden darf.
Das kommunale Wärmekraftwerk Igelstaverk hatte die als genehmigungsfreien Holz- und Papiermüll deklarierte Schiffsladung angekauft. Die Betreiber behaupten nun, von seinem holländischen Lieferanten „Icova“ betrogen worden zu sein. Bengt Westergård, Umweltverantwortlicher des Kraftwärmewerks: „Wir haben seit Jahren diesen Abfall bezogen und hatten noch nie Grund zum Zweifeln gesehen.“
Margareta Appelberg von der Naturschutzbehörde wunderte sich über die Gutgläubigkeit bei Igelstaverk: „Da ist offenbar etwas gründlich danebengegangen, und Greenpeace verdient allen Dank, dies aufgedeckt zu haben.“ Die „RMS Aries“ muss nun ihre Müllladung nach Holland zurückschaffen. Es wird ein Strafverfahren wegen illegalen Müllhandels geben und Igelstaverk könnte die Genehmigung verlieren, importierten Abfall zu verbrennen.
Der Transport von Verbrennungsmüll hat sich in den vergangenen Jahren zu einem einträglichen Geschäft für die Müllindustrie und die Energieerzeuger entwickelt. Sechs schwedische Wärmekraftwerke beziehen jährlich fast 400.000 Tonnen Müll, der als „Holz- und Papierabfall mit geringfügiger Plastikbemischung“ deklariert genehmigungsfrei aus- und eingeführt werden darf. Hauptlieferländer sind Deutschland und Holland. Greenpeace vermutet, dass der jetzige illegale Transport kein Einzelfall ist und kritisiert den wachsenden Handel mit Abfall, der statt sortiert und recycled zu werden, in Verbrennungsöfen landet, welche ihrerseits umweltgefährliche Reststoffe aus ihren Schornsteinen in die Atmosphäre blasen. Schwedens Energiewirtschaft rechtfertigt die schon seit längerer Zeit diskutierte Praxis der Verbrennung von Auslandsmüll damit, dass ihre modernen Verbrennungsanlagen alle EU-Richtlinien einhalten, teilweise sogar die, welche erst im Jahre 2005 in Kraft treten werden. REINHARD WOLFF
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