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Bahnchef misstraut den Politikern

Mehdorn legt Finanzplan erst vor, wenn er schriftliche Regierungszusagen hat. Wahrscheinlich wird Bahn-Defizit bis 2005 größer als bislang berechnet. Bodewig tröstet: Erlös aus Verkauf der Eisenbahnerwohnungen fließt in Frühpensionierung

von KATHARINA KOUFEN

Eines hat Bahnchef Hartmut Mehdorn seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr gelernt: Glaube nie einem Politiker, bevor du sein Versprechen schwarz auf weiß in der Hand hälst. Die Finanzplanung für sein Unternehmen bis zum Jahr 2005 wird Mehdorn deshalb erst im März vorlegen. Die Bahn verlange von der Bundesregierung zunächst die „definitive Zusage“ über die Gelder, die der Bund für die Sanierung des Unternehmens künftig vorgesehen habe, sagte Konzernsprecher Dirk Große-Leege der taz.

Ein solches Papier liegt bisher noch nicht vor, nicht einmal für die von Exverkehrsminister Reinhard Klimmt versprochenen 2,5 Milliarden Mark aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Unklar ist auch, ob die Summe der Bahn tatsächlich zusätzlich zu allen anderen Zuschüssen und Darlehen zugeschlagen wird. Womöglich soll aus dem Betrag der Bundesgrenzschutz bezahlt werden, der neuerdings für die Sicherheit der Bahn zuständig ist – und dafür 250 Millionen Mark jährlich verlangt. Als Gegenleistung für die UMTS-Finanzspritze hatte Klimmt der Bahn die Zusage abgerungen, den Bund aus seiner Verantwortung für die Exbeamten aus Bundesbahnzeiten zu entlassen.

Mitte November verkündete Mehdorn, der das Image-Tief seines Unternehmens ausnützt und nun sämtliche Leichen aus dem Keller holt, er rechne bis 2005 mit 15 Milliarden Mark Verlust – statt mit 5 Milliarden Mark Gewinn, wie es bis dahin geheißen hatte. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte dieser Verlust „im schlimmsten Fall“ sogar noch um 10 Milliarden Mark steigen.

Tatsächlich haben die Finanzplaner bei der Bahn sehr optimistisch gerechnet: Sie gehen davon aus, dass es dem Konzern gelingt, 8 Milliarden Mark vor allem durch Stellenabbau einzusparen. Allerdings ist die Prognose der Unternehmensberater von McKinsey, bis 2015 müssten die derzeit rund 240.000 Stellen auf 120.000 reduziert werden, nach Mehdorns Worten „Unsinn“. Man gehe, so Große-Leege, von einem Abbau bis auf 170.000 Stellen aus. Am Wochenende versprach Verkehrsminister Kurt Bodewig, die Bahn beim Personalabbau zu unterstützen: „Mit den Mehrerlösen aus dem Verkauf der Eisenbahnerwohnungen von insgesamt 500 Millionen Mark wollen wir auch eine Vorruhestandsregelung mitfinanzieren.“

Großprojekte wie der Ausbau des Stuttgarter Bahnhofs kommen in der Rechnung erst gar nicht vor. Denn auch hier fehlen der Bahn definitive Zusagen, wie viel Geld denn nun aus den öffentlichen Kassen zufließt. Noch streiten Bund und Länder um die Finanzierung der ICE-Strecke Stuttgart – München, an deren Bau auch der neue Bahnhof gekoppelt ist. Wenn der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel die nächste Wahl erst einmal gewonnen habe, würde der Neubau ohnehin zunächst zu den Akten gelegt, heißt es in Regierungskreisen.

Bis 2005 will die Bahn nach bisheriger Planung rund 70 Milliarden Mark investieren. Davon sollen in die Sanierung des Schienennetzes 50 Milliarden fließen, 20 Milliarden in die Neuanschaffung von Loks, Personenzügen und Güterwagen. Die Investitionen muss die Bahn voraussichtlich mit neuen Darlehen finanzieren. Derzeit nimmt der Konzern von Bund und Banken 23 Milliarden Mark in Anspruch.

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