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„Lesben müssen sich wehren“

Kampagne bekämpft Tabuisierung von Gewalt gegen Lesben. Beschimpfungen gehören zum Alltag  ■ Von Nicole Vrenegor

Frauen, die den Mut haben, sich öffentlich als Lesbe zu bekennen, leben gefährlich. Denn Frauen, die Frauen lieben, werden noch immer als Bedrohung, als Abweichung von der Norm wahrgenommen. Und dies wird häufig mit Aggressionen sanktioniert. Dennoch werde „das Thema Gewalt gegen Lesben in der Öffentlichkeit verschwiegen“, sagt Bea Trampenau vom Arbeitskreis Lesbische Beraterinnen in Hamburg. Der startet heute die Kampagne „Keine Gewalt gegen Lesben“.

Homosexuelle Frauen werden häufig Opfer von Gewalt. Das Ausmaß der Bedrohung zeigt sich in einer 1999 vom Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit veröffentliche Studie „Gewalt gegen lesbische Frauen“. So erleben 98 Prozent der befragten Lesben Beschimpfungen und Herabwürdigung, 44 Prozent berichten von sexuellen Belästigungen, und ein Viertel der Frauen wurde aufgrund ihrer Homosexualität körperlich bedroht.

„Das Thema Gewalt ist auch bei Lesben selber ein Tabu“, berichtet Trampenau. Alltägliche Beschimpfungen und Gewalt würden von den Frauen häufig als „normal“ und nicht als Grenzerfahrung wahrgenommen. „Es liegt viel in der Verdrängungskiste“, sagt Trampenau.

Neben Infoabenden und Vorträgen bieten die Initiatorinnen der Kampagne Selbstverteidigungskurse und Fortbildungen an. Besonderer Nachholbedarf bestehe bei traditionellen Institutionen wie Behörden, Polizei und Justiz. „Nur selten erstatten Lesben, die Gewalterfahrungen gemacht haben, Anzeige“, sagt Sanne Smilla vom „Lesbentelefon Hamburg“, bei dem homosexuelle Frauen sich beraten lassen können. „Häufig setzt sich die Diskriminierung bei Polizei und Justiz fort.“ Daher bieten die Initiatorinnen der Kampagne im Januar speziell eine Fortbildung für PolizistInnen, StaatsanwältInnen und PolitikerInnen an.

Eine offene Thematisierung von Gewalt gegen Lesben sei immer noch die beste Strategie im Kampf gegen Diskriminierung, betonen die Initiatorinnen. „Es geht darum, sich nicht mehr zu verstecken“ sagt Trampenau, „Lesben müssen sich wehren und sich als Lesbe behaupten“.

Heute findet um 20 Uhr im „Haus Drei“ die Auftaktveranstaltung der Kampagne „Gewalt gegen Lesben - (K)ein Thema für Lesben? statt. Constanze Olms, die seit über zehn Jahren in der lesbischen Anti-Gewaltarbeit tätig ist, wird über Strategien im Umgang mit ein-schlägigen Rrfahrungen berichten. In sieben weiteren Veranstaltungen werden unterschiedliche Schwerpunkte und Facetten von Gewalt thematisiert.

Programm beim Lesbentelefon im Magnus-Hirschfeld-Centrum 279 00 49 oder beim Lesbenverein Intervention24 50 02Tel.: .

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