Charité-Ärzte wollen Bettenhaus übernehmen

Weil der Senat die Sanierung des Gebäudes nicht bezahlt, wollen Professoren eingreifen. Ärztekammerpräsident: „Gefahr für freie Forschung“

Für Irritation hat gestern ein Plan einiger Professoren des Universitätskrankenhauses Charité gesorgt: Sie wollen das Bettenhochhaus in Mitte kaufen. Der Vorstand der Charité, der über den Vorschlag nicht informiert worden war, wird sich erst heute in einer Vorstandssitzung damit befassen. Als erste Reaktion zeigte er sich jedoch nach den Angaben der Sprecherin Kathrin Troyke „erstaunt bis irritiert“.

Anlass für die Idee der Professoren war die unsichere Zukunft des 20-stöckigen Bettenhochhauses der Charité. Seitdem die Wissenschaftsverwaltung im November die Mittel zur Sanierung des Hauses in Höhe von 131 Millionen Mark zumindest bis zum Jahr 2004 endgültig verweigerte, mehren sich die Stimmen, die lauthals eine Privatisierung fordern. In diesen Kanon mischen sich jetzt auch die Ärzte, die schon einmal laut darüber nachdachten, was sie zur Rettung des Hauses beitragen können. Ihr Vorschlag: das sanierungsbedürftige Gebäude selbst zu kaufen und die notwendigen Maßnahmen mit Hilfe von Investorengeldern in eigener Regie über die Bühne zu bringen.

Dass dieser Vorstoß auf gemischte Gefühle stößt, ist nicht weiter verwunderlich. Denn ein solcher Coup wäre einmalig in der deutschen Kliniklandschaft. Zwar existieren bereits Universitätskliniken, die privat geführt werden – die Herzklinik in Leipzig ist ein Beispiel. Neu an dem Konzept der Charité-Ärzte ist jedoch, dass es erstmalig die Professoren selbst wären, die Teile einer Universitätsklinik in eigenem Menagement übernähmen.

Der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, steht diesem Vorschlag skeptisch gegenüber. Sein Hauptkritikpunkt: Im freien Spiel der Märkte würden sich die Ärzte in eine starke Abhängigkeit von den Geldgebern begeben – in den meisten Fällen wohl zahlungskräftige Pharmakonzerne. „Das ist nicht im Interesse der freien Forschung“, so Jonitz.

Auch der gesundheitspolitsche Sprecher der Grünen, Bernd Köppl, hält eine Übernahme des Bettenhauses durch die Ärzte nicht für realistisch. „Die Klinik hat einen Versorgungsauftrag, der dann nicht mehr gewährleistet werden kann.“

Das sieht Wolfgang Kox, Leiter der Anästhesie und einer der Initiatoren der Idee, naturgemäß anders: „Uns geht es in erster Linie um den Erhalt der bestehenden Arbeitsplätze und um eine qualitativ hochwertige Medizin.“

Überhaupt fühlen sich die betroffenen Ärzte in dem ganzen Trubel, den ihr Vorschlag ausgelöst hat, etwas missverstanden. Im Grunde sei die Idee bislang noch sehr unkonkret, ein Konzept liege noch nicht vor, kommentierte Stefan Loening, Direktor der Klinik für Urologie, die Aufregung. „Das Ganze“, so Loening weiter, „war nur als Grundlage für eine erneute Debatte über die Zukunft des Bettenhauses gedacht.“

CORINNA BUDRAS