überlastete senatoren: Demontage des Quereinsteigers
Christoph Stölzl erleidet das Schicksal aller Quereinsteiger: Irgendwann kehrt sich jene entwaffnende Naivität, die ihnen anfangs von allen Seiten Sympathie zuträgt, gegen sie selbst. Offenbar nicht gerade mit politischen Instinkt gesegnet, brauchte Stölzl das ganze Wochenende, um zu merken: Der Vorschlag, ihm die Zuständigkeit für Wissenschaft zu entziehen, ist nichts anderes als eine Demontage – auch wenn CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky betont, der Senator mache seinen Job „hervorragend“.
Kommentarvon RALPH BOLLMANN
Um nichts anderes als die Person Stölzls, der sich bislang nur als Opernbeauftragter des Senats profilierte, geht es hier. In der Sache war die bereits vor fünf Jahren vollzogene Fusion von Kultur- und Wissenschaftsressort eine sinnvolle Entscheidung. Sie folgt dem Modell, das die meisten Bundesländer schon immer praktizieren. Womit, um Himmels willen, soll sich ein reiner Kultursenator noch beschäftigen, wenn er – hoffentlich – den Opernschlamassel endlich hinter sich gelassen hat?
Das Gleiche gilt für das Großressort des SPD-Senators Peter Strieder. Es mag Leute geben, die den Parteichef nicht für die Idealbesetzung halten – aber niemand trauert im Ernst den Zeiten hinterher, als sich in den frühen Neunzigern drei Senatoren für Bauen, Verkehr und Stadtentwicklung gegenseitig blockierten.
Gewiss darf der Sparwille nicht so weit gehen, dass sich riesige Verwaltungen nicht mehr politisch steuern lassen oder gar Verfassungsgrundsätze Schaden nehmen. Doch die Fehlentscheidung, das eigenständige Justizressort aufzugeben, war nicht der Kabinettsverkleinerung geschuldet – sondern allein den Prestigekämpfen zweier Koalitionsparteien mit höchst labilem Selbstbewusstsein. Und daran würden zusätzliche Senatorenposten nicht das Geringste ändern.
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