: Huhn mit goldenen Eiern
Britney ist das erste Gentech-Huhn, dessen Eier zur Krebsbehandlung eingesetzt werden sollen
Zuerst war es nur ein Schaf namens Dolly. Jetzt folgt Britney, das Gentech-Huhn, das goldene Eier legt. Britney ist das erste genmanipulierte Huhn, dessen Eier nicht nur aus gewöhnlichem Eiweiß und Eigelb bestehen, sondern auch wertvolle Proteine enthalten, die als Medikament zur Behandlung von Krebs eingesetzt werden sollen.
Morgen soll Britney offiziell vom schottischen Roslin Institute präsentiert werden. Das ist die gleiche Forschungseinrichtung, die auch schon die Welt mit Dolly, dem ersten geklonten Tier überhaupt, überraschte. Bis dahin sind die beteiligten Forscher noch zum Schweigen verdonnert, was genau das Huhn produziert. Nach einem Bericht der britischen Zeitung The Mail on Sunday entstand Britney in einem gemeinsamen zweijährigen Forschungsprojekt mit dem US-Biotech-Unternehmen Viragene.
Die Gene, die für die Produktion der Medikamente verantwortlich sind, wurden einem bisher unbekannten Lebewesen entnommen und am Roslin Institute in eine Stammzelle eines Huhns eingeschleust, aus der dann ein neues Tier geschaffen wurde. Angeblich soll es besonders leicht sein, die wertvollen Proteine aus dem Ei zu isolieren. In jedem Ei sollen etwa 100 Milligramm der gesuchten Proteine enthalten sein. Bei rund 250 Eiern jährlich pro Tier würde schon eine kleine Schar von Gen-Hühnern eine Menge produzieren, die sich gut verkaufen lässt. Erst aber müssen die Medikamente geprüft werden, ob sie als Antikrebsmittel auch taugen. Das wird einige Jahre dauern.
Seit längerem schon wird versucht, genmanipulierte Tiere zur Produktion von Medikamenten einzusetzen, deren Herstellung im Reagenzglas besonders aufwendig und teuer ist. „Gene pharming“ wird diese Verfahren genannt. So produzieren die weiblichen Nachkommen des Bullen Herman in den Niederlanden mit ihrer Milch ein menschliches Protein, Lactoferin genannt. Es stärkt das Immunsystem und sollte urprünglich der Babynahrung zugesetzt werden. Und in den Ställen der schottischen Firma PPL Therapeutics, die seit langem schon eng mit dem Roslin Institute zusammenarbeitet, stehen weitere Gentech-Tiere zur Medikamentenherstellung. Schafe, die das Medikament Alpha-1-Antitrypsin produzieren. Es soll Menschen verabreicht werden, die selbst nicht in der Lage sind, dieses Emzym in ausreichender Menge zu bilden. Es ist notwendig zur Aufrechterhaltung der Lungenfunktionen.
Bei Hühnern ist eine solche Genmanipulation trotz vieler Versuche bisher nicht geglückt. Britney ist somit eine Premiere.WOLFGANG LÖHR
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