: You Know My Name
Lennon für Klugscheißer und Angeber ■ Am allermeisten weiß mein Freund H. über John Lennon. Nein, eigentlich weiß J., mit dem ich mich eine Zeit lang im lustigen Beatles-Quiz-Fragen-Hin-und-Hermailen geübt habe, am allermeisten über Lennon. Vielleicht wissen auch die Jungs, mit denen ich (als Neunjährige) Beatlesdevotionalien tauschte, der Dämlack, der bei „Risiko!“ auftauchte, Albert Goldmann oder irgendein anderer Klugscheißer am besten Bescheid.
Als Beatles- bzw. Lennon-Fan gehört man zu einer Gruppe, die größer ist als die der Fehlsichtigen. Sie besteht aus Individuen, die über vier andere Individuen mehr wissen als über Geschichte (es sei denn, sie spielt zwischen 1961 und 1980 in Großbritannien und den USA, mit einem kleinen Abstecher nach Indien), über Politik (aber wogegen Lennon protestierte, als er den MBE-Orden zurückgab, das wissen sie!) und über ihre eigenen Beziehungen (wie schwer es ist, eine neue Freundin bei den Kollegen beliebt zu machen ...). Man kann sie nach einfachen Dingen (wer am Ende von „Helter Skelter“ „I got blisters on my fingers!“ schreit) fragen. Selbst schwierige Sachen wie die Namen aller Ton-Assistenten im Abbey-Road-Studio sind ihnen geläufig. Sie machen den Beatles-Biografen, -Anthologen und -Forschern die Hölle heiß. Sie sind nämlich gleichzeitig Fan und Wissenschaftler. Fatal. Pamela Des Barres, die in den 60ern zwischen den Betten des blutjungen Don Johnson und Jim Morrison hin- und herramponierte, schrieb in ihrer Biografie: Es habe damals spezielle John-, Paul-, George- und Ringofanmädchen gegeben. Aber während die Johnmädchen die Cliquenleitwölfinnen gewesen wären, hätten ihre Ringofreundinnen nur Spott abbekommen. Heute ist das ähnlich: Lennonfans sind superior, sowohl in Anzahl als auch im Intellekt. Eine Riesengruppe von Klugscheißern, die auch noch DAS Klugscheißer-Symbol, die Brille, als Götzen verehren. Und da sie ihn alle überlebt haben, wird weiter bessergewusst. Bis in alle Ewigkeit. JENNI ZYLKA
JENNI ZYLKA weiß natürlich das allermeiste über John Lennon.
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