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Schwarzer Peter

Finanzsenator Kurth (CDU) droht den Bezirken: Geld nur noch gegen Leistung, Defizite darf es nicht mehr geben

Kaum ist der Haushalt für 2001 verabschiedet, da läutet Finanzsenator Peter Kurth (CDU) schon die nächste Spar-Runde ein. Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, führte der Senator gestern vor der Presse wieder seine Lieblingszahl ins Feld: 11,2 Millionen Mark am Tag müsse die Hauptstadt allein für Zinsen aufwenden. Dafür könnten mehr als 1.000 Arbeitslose ein Jahr lang in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigt werden. Nehme man die Zinsausgaben eines zweiten Tages hinzu, könnten ein Jahr lang 300 zusätzliche Lehrer bezahlt werden. Plastische Zahlen, die das Wahlvolk an die enge Gürtelmode gewöhnen sollen – ganz so, wie es Finanzminister Hans Eichel (SPD) auch im Bund gemacht hat.

Im kommenden Jahr wird das Land jede zehnte Mark aus seinem Etat für Zinsen ausgeben. Nimmt man alle 365 Tage des Jahres zusammen, sind das 4,1 Milliarden Mark. Auf die Zahl der Einwohner umgerechnet ist die Zinslast doppelt so hoch wie im Länderdurchschnitt. Nur Bremen sieht in der Pro-Kopf-Bilanz noch schlechter aus. Insgesamt steht die klamme Hauptstadt bei ihren Gläubigern mit 65,4 Milliarden Mark in der Kreide.

Bei der Aufstellung des Haushalts für 2002 will Kurth vor allem den Bezirken ans Leder. Bereits im kommenden Jahr müssen die zwölf neuen Großbezirke erstmals nach einer Kosten- und Leistungsrechnung wirtschaften. Auf dieser Grundlage will der Senator dann entscheiden, wie viel Geld die Bezirksämter künftig erhalten. „Mit der relativ willkürlichen Fortschreibung des Status quo ist dann Schluss“, sagte er. Vielmehr müsse es einen Wettbewerb um die besten Leistungen bei möglichst geringen Kosten geben. Bisher hätten die Bezirke ihre Etats insgesamt um bis zu 500 Millionen Mark jährlich überzogen. Der Landeshaushalt habe dieses Defizit dann tragen müssen.

Weitere Sparpotenziale erhofft sich Kurth von den ersten Ergebnissen einer Expertenkommission unter dem Vorsitz des Bundestagsabgeordneten Rupert Scholz (CDU). Der frühere Bundesverteidigungsminister will am kommenden Dienstag erste Vorschläge publik machen, welche Aufgaben künftig nicht mehr vom Staat erfüllt werden sollen.

Die Kommission hat unter anderem die teure Beamtenausbildung an der Fachhochschule für Verwaltung ins Visier genommen. DPA, TAZ

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