Bremer Senat wirtschaftet saumäßig

■ Vernichtendes Roland-Berger-Gutachten über das bestehende „Beteiligungscontrolling“ und die „atomisierte“ Steuerung der 226 Firmen, an denen Bremen zwischen 100 und 3 Prozent der Anteile hält

Dem Bremer Senat fliegt zurzeit sein „Beteiligungscontrolling“ um die Ohren. Diverse öffentliche Aufgaben sind in den vergangenen Jahren in eine privatrechtlich organisierte Form „ausgegliedert“ worden. Der vermeintliche Grund: Die öffentliche Verwaltung ist nicht reformierbar, die „private“ Form effektiver. So hört man es seit geraumer Zeit aus dem Rathaus. Jetzt haben die Unternehmensberater von Roland Berger erstmals genauer hingeschaut, was es mit dieser Effektivität auf sich hat. Genau 226 Unternehmensbeteiligungen Bremens gab es am Stichtag 31.12.1998. Und deren Struktur stellt sich als „unübersichtliches Geflecht“ dar.

Hat jemand im Senat einen Überblick? Werden die Beteiligungen „gesteuert“? Gibt es Controlling? Nichts davon, stellt die Roland-Berger-Expertise auf 200 Seiten fest. So scharf wie in dieser Begutachtung haben die Roland-Berger-Leute selten eine hoc hgelobte Reform zum Stückwerk erklärt:

– „Ein Gesamtüberblick über die Jahresergebnisse der Beteiligungsgesellschaften ... des Konzerns Bremen liegt nicht vor.“

– „Ein institutionalisiertes Beteiligungsmanagement ... wird in Bremen derzeit nicht praktiziert.“

– „Ein Überblick zu den tatsächlichen, wirtschaftlichen und haushalterischen Auswirkungen ... ist nicht vorhanden.“

– Forderungen der Landeshaushaltsordnung (LHO) werden „nicht immer eingehalten“.

–„Messbare Zielvorgaben für die öffentlichen Unternehmen wurden bisher noch nicht erarbeitet.“

– „Eine klare Organisationsstruktur für das Beteiligungsmanagement ist noch nicht vorhanden“, es gebe keine Aufgabendefinition, „was zu Redundanzen, aber auch Regelungslücken (niemand fühlt sich zuständig) führt“, zudem seien „Tendenzen zur Verselbstständigung des Handelns einiger Gesellschaften erkennbar“.

Die Roland-Berger-Leute haben einfach die ihnen vorliegenden Jahresabschlüsse für 1998 „konsolidiert“, wie das ein richtiger Konzern tut. Und siehe da: 84 Millionen Mark Verlust ergeben sich da. Dazu müsste man die 87 Millionen Mark institutioneller Förderung rechnen, die diese Gesellschaften insgesamt bekommen hatten. Macht 172 Millionen Mark Verlust. Oder war das ein gewollter Zuschuss? Auch das ist nicht zu sagen, weil es keine „klare Definition der mit der jeweiligen Beteiligung angestrebten Zwecksetzung“ gibt – keine „konkreten Zielvorgaben“. Das aber sei Voraussetzung für eine wirkliche „Steuerung“ der Unternehmen. Und für ein Controlling. Da es diese Zieldefinitionen nicht gibt, kann sich „Controlling“ nur „lediglich in Form der Aufbereitung vergangenheitsbezogener Daten“ darstellen. Anders gesagt, und Roland Berger sagt es immer wieder anders: Weil eine „Vorgabe prospektiver Daten“ fehlt, wurschteln die Aufsichtsgremien vor sich hin. „Die Verantwortlichkeiten in den Aufsichtsgremien sind atomisiert“, heißt das in dem Roland-Berger Gutachten.

Fazit: Ein „koordiniertes Vorgehen“ der Entscheidungsträger Bremens sei durch diese Lage „erschwert“. Es gebe nur „einzelfallbezogene Problembewältigung“.

Kein Wunder also, dass die Parlamentarier, die die Geldausgaben letztlich verantworten müssen, sich schlecht informiert fühlen über das Imperium im „Konzern Bremen“: Die Beteiligungsverwaltung, die den Überblick hat und die „Informationsversorgung sowie -aufbereitung für die Politik“ leisten sollte, blickt selbst nicht durch. K.W.