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Konditionsschwäche auf dem Gipfel

Nach der Pleite von Nizza ist der gute Ruf der Franzosen bedroht, sie seien Experten für das Savoir-vivre. Bleich und übernächtigt hatte Staatspräsident Chirac gestern gefordert, künftig keine Nachtsitzungen mehr einzulegen, wo die konditionsschwächeren Präsidenten von den fitten Kollegen über den Tisch gezogen werden. Schon beim Klimagipfel in Den Haag war die französische Equipe durch Konditionsschwäche aufgefallen: Umweltministerin Voynet sei beim Endspurt zusammengebrochen, lästern die Briten.

In Nizza haben die Staatschefs aus sportmedizinischer Sicht alles falsch gemacht. Vor der Extremtortur „Gipfelmarathon“ haben sie kaum geschlafen, mehrere Mahlzeiten ausfallen lassen, wenig getrunken – und wenn, dann Kaffee. Pures Gift für Körper und Kopf, predigen Mediziner seit Jahrzehnten. Wissenschaftler der Sporthochschule Köln empfehlen auf taz-Nachfrage ausreichend Schlaf und ein Polster aus kohlehydrathaltiger Kost, also die Pastaparty vor dem Gipfelsturm. „Während der Belastung sollte man kleine Häppchen aus Vollkornbrot, Müsliriegeln oder Obst essen und Fett vermeiden, das macht träge.“

Und Doping? Die Versuchung sei groß, so die Experten, dass „Menschen, die so im Rampenlicht stehen, irgendwie bei ihrer Leistung nachhelfen.“ Mit Amphetaminen zur doppelten Mehrheit? Noch gibt es keine Dopingtests für die Regierungschefs. Wer wie Marathonläufer Joschka Fischer grundsätzlich gesund lebe, könne auch in solchen Situationen besser durchhalten. Aber das Gegenbeispiel gibt es auch: Helmut Kohl saß trotz ungesunden Lebenswandels und enormer Leibesfülle alle diese Gipfeltreffen einfach aus. BPO

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