Rathaus-Porträt: Neues aus der Bremer „Denkfabrik“

■ Das neue, bunte, offizielle Rathaus-Buch ist da / Ein Bürgemeister zum Auswechseln und jede Menge Senats-PR

Haltbar soll es sein. Deswegen kommt Henning Scherff auch nur auf dem Umschlag des neuen Rathaus-Büchleins zu Wort. „Man weiß ja nie“, sagt selbst Scherffs Sprecher Klaus Schloesser. Devise: Kommt ein Neuer, muß nur die Hülle gewechselt werden.

„Auf köstlichem Fundament“: So heißt das aktuelle Buch zum Bau, das offizielle Besucher des Rathauses ab sofort mit nach Hause nehmen dürfen. Der Tourist wie auch der interessierte Bremer müssen mit einem „Schlappcover“, so die Wortschöpfung von Verleger Horst Temmen, zufrieden sein. Der Inhalt des von der Pressestelle des Senats herausgegebenen Buches ist indes identisch: Ein gewissermaßen regierungsamtliches, trotzdem aber recht liebevoll und optisch ansprechend gestaltetes Porträt eines Baukunstwerks „mitten im Leben“.

Zum Inhalt: Autorin Gabriele Brünings, Mitarbeiterin der Pressestelle und daher vor zuviel Wissenschaftlichkeit gefeiht, widmet den größten Teil ihres Buches dem Rathaus als Architekturdenkmal – mit all seiner Pracht, von der Türklinke der Güldenkammer bis zur Renaissancefassade. Das „köstliche Fundament“ des Titels ist natürlich der Ratskeller, dem ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

Kleine Textkästchen des abwechslungsreich gegliederten, leicht verdaulichen Büchleins (144 Seiten, 175 Abbildungen) bergen anekdotische Happen: Im Senatssaal beispielsweise soll immer ein Schiffchen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger stehen – wer sich in seiner Wortwahl nicht zügeln kann, muss zahlen. Ob solches heutzutage noch vonnöten ist, wird nicht verraten.

Überhaupt, dass Heute. Hier läßt Autorin Brünings die Öffentlichkeitsarbeiterin heraus. Das Rathaus ist demnach „ein Ort der Begegnung, der Kommunikation, bietet ein Forum für Diskussionen, gibt den stilvollen Rahmen für ...“, et cetera. Danach wird im goldenen Buch der Stadt geschmökert. Und, weil's so schön ist: Als die Queen 1978 ins Rathaus kam, trug sie ein grünes Kostüm!

Richtig lustig wird es im Kapitel „Arbeitsstätte Rathaus“, das eine Art Schnellkurs im Regieren abgibt: Hier ist doch tatsächlich von einer „Denkfabrik“ die Rede, mit hochrangigen Staatsdienern, die in „engen und wenig repräsentativen Amtsstuben“ für das Gemeinwohl malochen. Das ist echte Unterhaltung! Und darüber kann man sich doch so richtig freuen. hase

„Auf köstlichem Fundament. Das Rathaus in Bremen“, Edition Temmen, 144 Seiten, 16,90 Mark