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Frühstücksdirektor im Oval Office

Die wichtigen Aufgaben eines US-Präsidenten dürfte Bush seinem Kabinett überlassen

von STEFAN SCHAAF

Nun hat er wohl doch gewonnen und dürfte am 20. Januar im Oval Office Platz nehmen: George W. Bush, der eigentlich gar nicht antreten wollte und von den reichen republikanischen Freunden seines Vaters zur Kandidatur gedrängt werden musste; Oberbefehlshaber Bush, dessen persönliche Kenntnisnahme von Europa sich auf eine Zwischenlandung auf Roms Flughafen beschränkt; Gouverneur Bush, der mit geradezu kindlicher Zuversicht überzeugt ist, dass in allen 143 Fällen, in denen er Todesurteile gegenzeichnete, Fairness und Gerechtigkeit Genüge getan wurde; George W. Bush, der mächtigste Mann des mächtigsten Staates, über den es Tage vor der Wahl in einem Porträt in der New York Times hieß: „Er scheint keinen Gefallen am Nachdenken zu haben, der Welt der Ideen begegnet er mit Ungeduld, einige der wichtigen politischen Debatten des Landes interessieren ihn einfach nicht.“

Bush wird, darauf deutet gegenwärtig alles hin, ein schwacher Präsident sein. Zum einen wegen besagter Schwammigkeit und Lückenhaftigkeit seines politischen Profils, zum anderen wegen der fragwürdigen Art und Weise, in der er seinen Sieg über Al Gore errang. Mit Händen und Füßen wehrten sich seine Anwälte in Florida dagegen, alle abgegebenen Stimmen auszuzählen. Mit Hilfe der Gerichte wurde dies so lange verzögert, bis eine faire Zählung nicht mehr möglich war. Die politisch sonst eher verschlafene US-Bevölkerung hat diesen Prozess mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Sie weiß: Diese Wahl wird neben den Entscheidungen von 1876 und 1888 in die Geschichtsbücher eingehen.

Und es wird nicht lange dauern, bis die WählerInnen in Florida das tatsächliche Ergebnis der Wahl vom 7. November wissen werden: In Florida sind die Wahlzettel öffentlich zugängliche Dokumente, und die Medien von der New York Times bis zu CNN haben bereits beantragt, sie überprüfen und auszählen zu können. Wird es dann noch bei Bushs jetzigem Stimmenvorsprung von einem Hundertstelprozent bleiben?

Der Kongress wird mitregieren

Selbst wenn es so sein sollte: Die Legitimität dieses Präsidenten ist in Zweifel gezogen. Bush wird nicht mit der monarchischen Verehrung rechnen können, die dem Inhaber des höchsten Staatsamtes in den USA sonst entgegengebracht wird. Kann er diesen Geburtsfehler seiner Präsidentschaft korrigieren? Wird darüber in einigen Monaten ebenso Gras gewachsen sein wie über das Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton? Einiges spricht dagegen; eher wird sich Bush einer weiterhin entlang Parteiloyalitäten gespaltenen Bevölkerung gegenübersehen. Schon in zwei Jahren könnte er in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit verlieren.

Er müsste wesentliche Schritte unternehmen, um seine Basis zu erweitern: So müsste er Politiker der Demokratischen Partei wie den ehemaligen Senator Sam Nunn ins Kabinett berufen oder aber den Republikaner William Cohen, den Clinton in sein Kabinett holte, als Verteidigungsminister behalten. Auch müsste er kontroverse Fragen wie die Reform der Wahlkampffinanzierung oder die Teilprivatisierung der Sozialversicherung mit Konsens stiftenden Mitteln wie runden Tischen oder Town Meetings vorbereiten; und – das wäre die sichtbarste Geste – rasch dafür sorgen, dass die rostige Wahlmaschinerie der USA mit Bundesgeldern in den nächsten vier Jahren auf den heutigen Stand der Technik gebracht wird.

Plausibler erscheint das Szenario, in dem Bush als eine Art Frühstücksdirektor wichtige Aufgaben an sein Kabinett delegiert. Dort wird ein Vielfaches der politischen Erfahrung versammelt sein, die Bush ins Weiße Haus mitbringt. In vielen Fragen wird das Wort des designierten Außenministers Colin Powell oder anderer Regierungsmitglieder mehr gelten als das des Präsidenten. Auch der Kongress, vor allem das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus, wird sich stärker in die Formulierung der US-Politik einmischen. Steuer- und Haushaltsfragen werden ohnehin dort entschieden.

Im Repräsentantenhaus wird aber auch der Widerstand gegen ein Zugehen auf die Demokraten am stärksten sein. Die Männer an der republikanischen Fraktionsspitze, Dick Armey und Tom DeLay, kämpften vehement für Clintons Amtsenthebung. Sie haben ihre Niederlage bis heute nicht verwunden. Sie werden, mit dem harten Kern der Parteiaktivisten, Abtreibungsgegner und Schusswaffenfetischisten im Rücken, Bush unter Druck setzen, die Früchte seines Sieges nicht auf dem Altar der Versöhnung zu opfern. Bei der Kongresswahl in 2 Jahren werden sie dafür womöglich einen hohen Preis zahlen.

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