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Leichtes Gefecht im Saal

Gestern sollte die neue Kooperation zwischen Armee und Wirtschaft positiv bilanziert werden. Doch alle feierlichen Worte konnten die Verstimmung nicht überdecken

BERLIN taz ■ Eigentlich war die Veranstaltung als Jubelfeier geplant: Eine rundherum positive Bilanz des ersten Jahres der neuen Kooperation zwischen Bundeswehr und Privatwirtschaft sollte gestern auf einem eintägigen Kongress in Berlin gezogen werden – als modern und zukunftsorientiert wollte Verteidigungsminister Scharping sich selbst und die Bundeswehr präsentieren. Aber nur drei Tage vor der Konferenz verdarb der BDI die Stimmung. In einer Presseerklärung forderte er mehr Geld für die Anschubfinanzierung und kritisierte außerdem, dass die Startvorbereitungen zur Ausschreibung der Pilotvorhaben zu lange dauerten: „Es wächst die Sorge, dass die Privatisierungsinitiative ins Stocken gerät.“

Dumm gelaufen. Zwar lobte Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern Nachmittag die „strategische Partnerschaft von Bundeswehr und Wirtschaft“ als eindrucksvollen Beleg für die konsequente Modernisierung der Bundesrepublik, aber alle feierlichen Worte konnten die Verstimmung nicht überdecken, die vor allem bei Verteidigungsminister Rudolf Scharping deutlich zu spüren war. Er wehrte sich gegen die Kritik des BDI auf ungewöhnliche Weise: In seiner Eröffnungsansprache ließ er durchblicken, dass BDI-Präsident Olaf Henkel ihm während eines Telefongesprächs eine positivere Einschätzung der Lage signalisiert habe, als sie aus seinem eigenen Haus zu hören war. Dieser Versuch des Ministers, einen Keil ins Lager der Industrie zu treiben, stieß nun wiederum bei Konferenzteilnehmern aus den Reihen des BDI auf wenig Begeisterung.

Annäherungsversuche während der Mittagspause brachten nur einen Teilerfolg. Zwar waren sich Scharping und einige BDI-Vertreter bei einem Gespräch am Rande des Büffets einig, dass angesichts gemeinsamer Ziele jetzt ein „Schulterschluss“ vonnöten sei – zugleich aber wurde deutlich, dass Differenzen in der Sache fortbestehen. An einem offenen Konflikt kann derzeit allerdings niemandem gelegen sein: Die Wirtschaft hofft auf umfangreiche Aufträge infolge des Rahmenabkommens, das inzwischen rund 450 Firmen unterzeichnet haben. Scharping will bereits 2001 durch die vollständige oder teilweise Privatisierung von Bundeswehraufgaben und die kostengünstigere Bewirtschaftung von Material und Liegenschaften rund eine Milliarde Mark erwirtschaften. Dafür wird er allerdings vor allem auf eine recht vertraute, althergebrachte Form der Geldbeschaffung zurückgreifen: nämlich auf den Verkauf von Grundstücken und Immobilien.

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