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Nicht Fisch, nicht Fleisch

Die GAL reagiert auf BSE und besinnt sich auf die körnerreiche Tradition: Grüne Rezepte zum Fest als Wahlkampfauftakt  ■ Von Peter Ahrens

Die GAL hat jetzt das ultimative Wahlkampfrezept: Linsencurry und Schwarzwurzelsalat. Damit dürfte man locker wieder die 13 Prozent vom letzten Wahlgang erreichen. Kurts Gemüsefrikadellen oder Maiers schnelle Pasta – das dürfte auch wankelmütige WählerInnen überzeugen, trotz alledem das Kreuz wieder an der grünen Stelle zu machen. Denn im Wahlkampfrezept ist fast alles drin: Nudeln und Karotten, Zitronenschaum und Kartoffeln. Nur eins fehlt: Es ist einfach kein Fleisch dran an der GAL. Heute werden quasi als Eröffnung des Wahlkampfes grüne Rezepte – „eine Sammlung vegetarischer Spezialitäten von Hamburgs grünen PolitikerInnen“ – von GAL-Promis unters Volk gebracht: Eine mächtige Aktion der Partei als Kommentar zum BSE-Problem.

Körnerfresser, Müslis – die Grünen haben sich einfach nicht geändert. Das sind immer noch die, die eine schöne Weihnachtsgans kalt werden lassen, um sich „lauchbegrünte Erdäpfel aus dem Ofen“ zu genehmigen. Das empfiehlt zumindest GAL-Fraktionschefin Antje Möller. Als Zutaten natürlich Sonnenblumenkerne und GAL-typisch krause Petersilie.

Stadtentwicklungssenator Willfried Maier trägt eine „schnelle Pasta“ zum Rezeptbuch bei. So sind die Männer, auch und gerade bei den Grünen, keine Genießer, keine Zeit, keine Lust, lange am Herd zu stehen, es muss regiert werden, es warten Geschäftsessen im Hinterzimmer, in denen festgezurrt wird, wo es lang geht. Da kann man sich höchstens schnell eine Packung Nudeln einwerfen. Vollkornnudeln immerhin.

Schulpolitikerin Christa Goetsch favorisiert „Karotten Ali Baba“. Das klingt schon so, als würde sie das mit Kindern in der 2. Klasse – „heute kochen wir mal was Schönes“ – zubereiten. Die dazu gehörigen Räuber sind wahrscheinlich die GEW oder der LehrerInnenverband oder die SchülerInnenkammer. Bei der Schulpolitik des Senates kommen ganz schnell 40 zusammen. Tipp: Ali Baba Möhren schmecken noch besser, wenn sie bereits einen Tag vorher zubereitet werden. Altes GAL-Prinzip. Zuweilen kommt es dann auch nicht mehr zum Verzehr.

Dann gibt es da noch das Rezept von Carsten Kuhlmann, Kassenwart der Partei. Das zu Bereitende heißt denn auch „Schatzmeisters Grüne Linsen“ und ist logischerweise preisgünstig. Genau errechnet: 200 Gramm Linsen und 500 Gramm Poree, 25 Gramm Butter, 150 Gramm Gouda, 50 Gramm Sonnenblumenkerne, ein Teelöffel Gemüsebrühe – das macht für 3-4 Personen Sattwerden für unter einer Mark pro Nase – der alte Pfennigfuchser.

Landeschefin Antje Radcke sind solche Knausereien beim Essen fremd: Sie tischt gleich ein dreigängiges WeihnachtsmenÜ auf. Wer einmal das süße Leben im Bundesvorstand gekostet hat, der will nicht mehr davon lassen. Kann man ja auch verstehen.

Wenig überraschend auch der Titel des Rezeptes der Zweiten Bürgermeisterin Krista Sager: Spaghetti alla direttrice. Hier kocht die Chefin. Pasta. Basta.

Die Broschüre „Grüne Rezepte“ wird heute auf dem Ida-Ehre-Platz in der Zeit von 14 Uhr bis 16.30 Uhr von GAL-PolitikerInnen verteilt.

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