: Politische und juristische Kritik am Polizeieinsatz in der Justizbehörde
Die gewaltsame Beendigung der Besetzung der Justizbehörde durch linke TürkInnen wird ein Nachspiel haben. Beim Sturm der Behörde durch das Mobile Einsatzkommando (MEK) wäre beinahe ein Kurde aus dem Fenster des 2. Stockes gestürzt, als MEKler schlagartig in den vollen Sitzungssaal eindrangen. Auf Antrag der GAL wird sich am Dienstag der Innenausschuss der Bürgerschaft mit den Vorkommnissen befassen. „Es gibt viele Fragezeichen“, so GAL-Innenpolitiker Manfred Mahr.
„Es kann nicht angehen, dass Ausländer ihre Konflikte auf deutschem Boden austragen“, rechtfertigt Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) das harte Vorgehen des MEK. Wie berichtet, hatten 40 KurdInnen die Behörde besetzt, um auf das seit 60 Tagen andauernde Todesfasten ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen.
Nach taz-Informationen gibt es Anhaltspunkte, dass der MEK-Einsatz nicht nur überzogen und gefährlich, sondern auch rechtswidrig war. Justiz-Staatsrat Peter Strenge und der für die Verhandlungen zuständige Amtsleiter Johannes Düwel hatten bis zu diesem Zeitpunkt keinen Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt, da es zu keinen Sachbeschädigungen gekommen war. Selbst ein Polizeisprecher meldete um 16.05 Uhr: „Zu Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen ist es bislang nicht gekommen.“ Da sich an dieser Lage bis 17.12 Uhr nichts geändert hatte, gab es also keinen Anlass, wegen „Gefahr in Verzug“ zu stürmen.
Auch die nachträgliche Rechtfertigung, eine erkennungsdienstliche Behandlung der DemonstrantInnen sei wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs notwendig gewesen, entbehrt nach Auffassung von Juristen jeder Grundlage: Landfriedensbruch setzt Gewalttaten aus der Menge heraus oder eine konkrete Gefahr oder Bedrohung der öffentlichen Ordnung voraus.
Justizbehördensprecherin Simone Käfer mochte dies gestern weder bestätigen noch dementieren: „Das ist Sache der Staatsanwaltschaft.“
kva
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