: Von kulturellen Beeinflussungen
■ Die Ausstellung „Carnuntum“ im Harburger Helms-Museum
Nur selten waren die alten Römer an die Elbe gekommen, das meiste, was die Archäologie hier im Norden von ihnen findet, brachten germanische Soldaten als Sold oder Beute mit nach Hause. Die hohe Zivilisation der Römer blieb im Süden – und das gilt für Hamburg noch heute: Archäologische Ausstellungen aus dieser Welt finden in Harburg statt.
Die aktuelle Ausstellung des Helms-Museums widmet sich der größten Ausgrabung Österreichs: Der sich über eine Fläche von zehn Quadratkilometern erstreckenden Handels- und Garnisonsstadt Car-nuntum an der Donau, einst wichtigste Stadt des römischen Pannonien, im heutigen Niederösterreich östlich von Wien. Waffen und Münzen, Porträtköpfe und Götterfiguren, Haushaltsgerät und Schmuck dokumentieren den materiellen Reichtum und den Stand der Kultur, der die heutige wenig mehr als Fotografien und einen virtuellen Stadtrundgang an Computerterminals hinzuzufügen hat.
Carnuntum war auch ein zentraler Markt für Bernstein. Der Handelsweg für das als Schmuck hoch geschätzte Material kam von der Ostsee im heutigen Polen und erreichte bei der Donaubrücke von Carnuntum das römische Reich. Jenseits von der Fixierung auf alte Schätze bietet solche Wirtschaftsarchäologie aktuelle Bezüge bis hin zur Osterweiterung der EU. Denn die erst in den letzten zehn Jahren stark intensivierte Zusammenarbeit mit Archäologen aus dem ehemaligen Ostblock macht erneut bewusst, wie weiträumig ganz Europa schon vor 2000 Jahren durch Handelswege und lateinische Kultur vernetzt war.
Interessant auch die neueren Forschungsergebnisse zum Mithraskult: Die stark astrologisch bestimmte Religion war keine esoterische Geheimlehre aus Persien, sondern lange offizieller römischer Staatskult. Das Christentum übernahm später viele Rituale seines Hauptkonkurrenten und legte die Geburt seines Erlösers auf den mithräischen Geburtstag der Sonne am 25. Dezember. Es hätte nicht viel gefehlt, und man müsste statt vom christlichen Abendland vom mithräischen Abendland sprechen. Hajo Schiff
bis 25.2.01, di - so 10 -17 Uhr, Helms-Museum, Hamburger Museum für Archäologie und die Geschichte Harburgs, Museumsplatz 2, Harburg
Katalogheft mit allen Ausstellungstexten, 68 S., 19,80 Mark
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