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Garten des wiedergewonnenen Mondes

Man wird durch Tee gelassener. Beispielsweise bei einem Besuch des Teehauses in Berlin Marzahn in einem nach fernöstlicher Gartenbaukunst angelegten Park. Eine Art chinesische Entwicklungshilfe für die Plattenbausiedlung

Obwohl nach Schätzungen bis zu 10.000 Menschen chinesischer Abstammung in Berlin leben, hat die deutsche Hauptstadt im Unterschied zu anderen Metropolen keine China Town. Doch dafür hat Berlin seit Oktober einen original chinesischen Garten – den „Garten des wiedergewonnenen Mondes“. Er ist der größte seiner Art in Europa. Der 2,5 Hektar große Park wurde von chinesischen Landschaftsarchitekten, Gärtnern und Handwerkern mit Materialien aus der Volksrepublik China angelegt. Der Garten im Erholungspark Marzahn, initiiert vom Berliner Filmproduzenten und Pekinger Ehrenbürger Manfred Durniok, ist eine Art Entwicklungshilfe der chinesischen Hauptstadt für ihre Partnerstadt Berlin. Er ist eine Oase der Ruhe im Plattenbaubezirk.

Der chinesischen Gartenkonzeption liegen die Prinzipien des „Einsseins von Himmel und Mensch und von Natur und Mensch“ zugrunde. Ein chinesischer Garten ist eine harmonische Inszenierung mit der Natur und in der Natur. Der „Garten des wiedergewonnenen Mondes“ hat Feng-Shui-Kriterien entsprechend im Norden einen Berg. In der Mitte gibt es einen 2.500 Quadratmeter großen See mit einer Marmorpagode und einem so genannten Steinboot am Südufer. Die Fenster in der Mauer sind unterschiedlich geformt, um verschiedene Ausblicke bieten zu können. Es gibt keine strenge Achse, keine schnurgeraden Wege, sondern ständig wechselnde Perspektiven und Ruhepunkte mit mehreren Akzenten.

Der Garten strotzt vor chinesischer Symbolik; die Fledermaus- und Drachenmotive an den Gebäuden etwa versinnbildlichen Glück und Kraft. Das Schaffen von Illusionen und die Vermengung von Wirklichem und Illusionärem sind wichtige Kompenenten, die aber erst voll zum Tragen kommen, wenn im Frühjahr die Bäume und Pflanzen sprießen.

Highlight des Gartens ist das Teehaus mit seinem geschwungenen Dach. „Tee ist besonders für Alte und Intellektuelle ein guter Freund. Man wird durch Tee gelassener“, sagt Yu Ya-li.

Die aus der Provinz Sichuan stammende Landschaftsarchitektin, die seit zehn Jahren in Berlin lebt, bietet mit ihren Mitarbeiterinnen den Gästen im „Berghaus zum Osmanthussaft“ Dutzende verschiedener chinesischer Teesorten. Nach fernöstlichem Brauch werden die Tees hier mindestens zweimal aufgegossen. „Das Teehaus ist besonders beliebt für Feiern wie Hochzeiten, Geburtstage oder Jugendweihen“, sagt Yu, die schon einige Stammgäste in ihrem Teehaus bewirtet. SVEN HANSEN

Geschenktipp: Chinesische Teezeremonie. Vorführung an Wochenende.Yu Ya-li führt in die Geheimnisse chinesischer Tees und deren verschiedener Aufgüsse ein. Preis pro Person 9,50 Mark, Dauer etwa eine Stunde.Anmeldung erforderlich unter (01 79) 3 94 55 64. Achtung: Im Winter stark eingeschränkte Öffnungszeiten. Chinesisches Teehaus „Berghaus zum Osmanthussaft“, Eisenacher Straße 99, 12685 Berlin. Ab S-Bahnhof Poelchaustraße mit dem Bus 195 zur Haltestelle Erholungspark.

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