Jusos suchen verzweifelt die Jugend

Vorsitzender Mikfeld ist überzeugt: Die Jusos werden wieder wichtig. Er will eine neue politische Generation definieren

BERLIN taz ■ Juso-Chef Benjamin Mikfeld steht neben der großen Statue von Willy Brandt in der SPD-Zentrale und verspricht seinen Mitgliedern mehr Macht. „In den neuen Bundesländern übernehmen schon jetzt amtierende Jusos in der SPD Verantwortung“, erklärt Mikfeld. Im Westen kämen die 68er langsam in Rente und die Sozialdemokraten mittleren Alters seien blockiert worden.„Obwohl wir 20- bis 35-Jährigen zahlenmäßig nicht so groß sind, werden wir doch ziemlich schnell gebraucht.“

Keiner hat daraufhin applaudiert. Die sonst so streitbaren Jusos nahmen gestern auf der Konferenz „Sozialdemokratie der nächsten Generation“ in Berlin die neuen Perspektiven lediglich zur Kenntnis. „In den vergangenen dreißig Jahren hat der Einfluss der Jusos in der Partei abgenommen“, gibt SPD-Generalsekretär Franz Müntefering zu. Schuld sei der Mitgliederschwund gewesen. In den Siebzigern gab es 300.000 Jusos, heute sind es noch 80.000.

Mikfeld, der sein Amt im Juli abgeben will, forderte von den Mitgliedern ein gemeinsames Leitbild, um eine neue politische Generation aufzubauen. Doch an dem Ziel gab es Zweifel. „Obwohl Jugend in unserer Gesellschaft zu einer Leitmetapher geworden ist, gibt es die eine Jugend nicht mehr. Sie hat kein gemeinsames politisches Projekt und keine gemeinsame Perspektive“, gab der Journalist Mark Terkessidis in seiner Rede zu Bedenken. Das Desinteresse an Politik sei kein Jugendproblem, sondern ein Problem der Gesellschaft.

Die Jusos wollen ihrem Mitgliederschwund mit Netzwerken begegnen. „Wir werden die klassischen Gremien verschlanken und Initiativen aufbauen, die auch Nichtjusos offen stehen“, entwirft Mikfeld seine Vision. Er forderte eine zweite Bildungsreform, da die erste in Sachen Chancengleichheit steckengeblieben sei, und ein realistischeres Bild von der Gesellschaft. „Ich habe den Eindruck, dass ein Großteil so tut, als gäbe es nur noch Internet-Start-up-Unternehmer.“ R. GEISSLER