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Klein-Manhattan ohne Nachfrage

Rund um den Alexanderplatz sind zahlreiche Hochhäuser geplant. Doch hoch bauen will vorerst kaum jemand

Die einen finden ihn hässlich, die anderen beinahe schon Kult: Am Alexanderplatz scheiden sich auch zehn Jahre nach der Vereinigung die Geister. Oder sollte man besser sagen: zehn Jahre nach dem städtbaulichen Wettbewerb, den der Architekt Hans Kollhoff mit einer Manhattan-Simulation 1993 gewonnen hatte?

Mittlerweile gibt es am Alex Baurecht für zehn je 150 Meter hohe Türme. Selbst eine Projektkoordination hat Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) bereits ins Forum-Hotel geschickt. Doch wann mit dem Bau der einzelnen Türme begonnen wird, steht noch immer in den Sternen.

Am weitesten fortgeschritten ist die Planung der Degewo für die so genannte Banane. 1,2 Milliarden Mark will die Wohnungsbaugesellschaft auf dem 36.000 Quadratmeter großen Areal zwischen Alex und Jannowitzbrücke in vier Blöcken investieren. Hinzu kommt ein 150 Meter hoher Turm an der Ecke Gruner-/Alexanderstraße, mit dem das Projekt begonnen werden soll.

Doch wann der erste Spatenstich getan wird, hängt noch von der Frage ab, ob der Straßentunnel an der Grunerstraße zugeschüttet wird. Noch ist keine Entscheidung gefallen. Ob der von der Degewo angekündigte Baubeginn im Sommer 2001 zu halten ist, ist deshalb fraglich.

Während die Degewo den größten Teil des Grund und Bodens vom Land Berlin bereits gekauft hat, stehen die anderen Investoren noch in Verhandlungen mit Finanzsenator Peter Kurth (CDU).

Weil sich bereits in der Vergangenheit abgezeichnet hatte, dass viele Investoren wegen des Büroleerstands in Berlin vor dem Hochhausbau zurückschrecken würden, hat die Bauverwaltung den geplanten Bauablauf zweigeteilt: In einem ersten Abschnitt ab 2004 sollen zunächst 30 Meter hohe Blöcke gebaut werden. Aus denen heraus sollen dann erst ab dem Jahre 2009 die eigentlichen Türme wachsen.

Während die Interhotel-Gruppe den Bau ihrer drei Hochhäuser noch von der Lage auf dem Immobilienmarkt abhängig machen will, planen die Hines-Gruppe und die Kehrer-Gruppe jeweils einen Turm.

Die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft, der das Haus der Elektroindustrie gegenüber dem Forum-Hotel gehört, hat sich inzwischen von den Türmen verabschiedet und den Gebäuderiegel aus DDR-Zeiten renovieren lassen. Auch der Kaufhof will nunmehr lieber in die Breite als in die Höhe. Ab 2002 soll das Kaufhaus 26 Meter näher an den Alexbrunnen und 18 Meter näher an die Karl-Liebknecht-Straße rücken. Ganz verabschiedet hat sich die Metro-Gruppe, zu der der Kaufhof gehört, von den Hochhausplanungen allerdings noch nicht. Die Fundamente an der Karl-Liebknecht-Straße sollen zumindest gelegt werden.

Von einer einheitlichen Gestalt, die noch dem Entwurf von Kollhoff zu Grunde liegt, kann also, wenn überhaupt einmal mit den Bauarbeiten begonnen wird, keine Rede sein. Auch in den nächsten Jahren darf deshalb über den Alex, die zumindest virtuell größte Baustelle der Stadt, trefflich gestritten werden. WERA

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