Zur Erklärung
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In den ersten Jahrhunderten nach dem Tode des Jesus von Nazareth kursierten viele Schriften über sein Leben und wirken, weit mehr als später in der Bibel „kanonisiert“ wurden. „Die Kanonisierung der neutestamentarischen Schriften ist eng mit dem Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion und der Spaltung in ein westliches und ein östliches Reich verbunden“, schreibt Alfred Pfabigan, Kulturwissenschaftler und Professor am philosophischen Institut der Universität Wien. Im Eichborn-Verlag machte Pfabigan eine Auswahl der vergessenen und verbotenen Schriften dem breiten Publikum zugänglich: „Gottes verbotene Worte - was die Bibel verschweigt“ ist der Titel.

Die Staatskirche verbot regelrecht die anderen Schriften, ihre Anhänger wurden „unter der unauflöslichen Fessel des Anathema in Ewigkeit“ verdammt und verfolgt.

Der ursprüngliche Reichtum an Geschichten wurde dadurch zerstört, jedenfalls in der Tradition der Anhänger des Jesus von Nazareth. Wir wollen mit einer kleinen Auswahl einfach neugierig auf diese ursprüngliche „Anthologie“ der Jesus-Geschichten machen - ohne große textkritische Erläuterungen, die Quellenkritik dieser Texte ist genauso komplex wie die der vom Konzil in Trient 1545 auserwählten „biblischen“ Jesus-Geschichten.

Das Jakubus-Evangelium stammt vermutlich aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus und bemüht sich vor allem um die Jungfräulichkeit der Maria - eine Geschichte gegen die damals verbreitete Behauptung, Jesus sei der uneheliche Sohn eines gewissen Panthera.

Thomas der Israelit hat eine Serie von Geschichten aus der Kindheit des Jesus gesammelt, zu denen es Parallelen in indischen Märchen und Krishna-Legenden gibt. Der Text wird auf die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts datiert.

Das Evangelium des Barnabas, nach dem nicht Jesus, sondern Judas am Kreuz starb und Jesus die Legende, er sei der kommende Messias, streng von sich weist, ist in seiner letzten Fassung 320 Seiten stark. Die Behauptung, es sei von einem Augenzeugen geschrieben, ist sicherlich eine Legende des Verfassers, um seiner Interpretation mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Abwertend wurden die nicht in die Bibel aufgenommenen Texte „apokryphe“ Schriften genannt. Sie waren in ihrer Zeit oftmals einflussreicher als die dann in die Bibel aufgenommenen Varianten. K.W.

Alfred Pfabigan, Gottes verbotene Worte - was die Bibel verschweigt, Eichborn-Verlag