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Elfen helfen in der Not

Deshalb erscheint die heutige Ausgabe der „Elfenpost“ in der taz. Und zwar sichtbar

von WOLFGANG MÜLLER

Wir freuen uns, dass es uns heute durch das freundliche Entgegenkommen der Redaktion der Elfenpost zum ersten Mal möglich wurde, die Elfenpost auch für Menschen sichtbar zu machen. Damit möchte sich die Elfenwelt für die intensive Berichterstattung der taz über ihre Anliegen bedanken. Elfen helfen in der Not. Die Genehmigung, eine Ausgabe durch Menschenhand gestalten zu lassen, erreichte unseren Islandkorrespondenten Wolfgang Müller in einem Traum. Für die Elfenredakteure bedeutet das nach 2.633.119 Ausgaben den ersten Tag Freizeit.

Dass Island ein besonders reiches Vorkommen von Elfen und Zwergen aufweist, ist hinlänglich bekannt. Ihre Wohnorte finden sich jedoch nicht nur in den wilden, unberührten Naturlandschaften der Insel. Im Gegenteil, einige Elfen- und Zwergenarten scheinen von der Anwesenheit des Menschen regelrecht angezogen zu werden. Ähnlich Störchen und Füchsen haben sie gelernt, die Vorzüge einer Niederlassung in der Nähe menschlicher Behausungen zu genießen. Doch nur Kobolden gelingt es problemlos, sich im Haus, zumeist im Keller oder unter dem Dach, dauerhaft anzusiedeln. Elfen bevorzugen als Wohnraum Steine in Gärten und öffentlichen Anlagen. Dabei kommt es gelegentlich zu Konflikten mit Menschen, die die Steine aus unterschiedlichsten Gründen verrücken oder abtragen wollen. Das Astloch als Wohnort einiger Elfenarten, so wie es Jacob Grimm in seinem Werk „Deutsche Mythologie“ aufführt, scheidet in Island mangels Baumbestand nahezu aus. Es gibt zwar durchaus einzelne Bäume, am Skaftafell und der Thorsmörk sogar kleinere Wälder, aber kaum Bäume mit Höhlungen. Sie wären wohl nach dem ersten Herbststurm zusammengeknickt.

Aus diesem Mangel an Holz ist auch der Klabautermann in Island nur als auswärtiger Schiffskobold bekannt, der früher vorwiegend mit dänischen, englischen oder deutschen Schiffen ins Land kam.

Konflikte der Menschen mit Elfen und Zwergen werden in Island auch heute noch leidenschaftlich diskutiert und gewissenhaft registriert. Ein bekanntes Beispiel soll hier den Stellenwert der Naturwesen verdeutlichen. So steht im Nordosten von Reykjavík mitten auf einem Parkplatz ein großer Basaltblock, der jedem Einwohner des Landes als Wohnort einer Elfensippe bekannt ist. Der Leiter der örtlichen Elfenschule, der Historiker Magnús Skarphédinsson: „Dieser Stein sollte vor sechzig Jahren beim Bau des Parkplatzes entfernt werden. Nebenan befand sich seinerzeit eine Hühnerfarm. Noch bevor die Pläne in die Tat umgesetzt werden konnten, fingen die Hühner auf einmal an, weniger Eier zu legen. In der ersten Woche sank die Eierproduktion um die Hälfte und ging dann innerhalb von drei Wochen auf Null zurück! Heimische Medien wurden zu Rate gezogen, und was einige schon vermutet hatten, entpuppte sich schon bald als Tatsache: Der Stein war Wohnort einer Elfenfamilie, deren Mitglieder den Medien im Traum bereits zahlreiche Vorwarnungen gesandt hatten. Er blieb an seiner Stelle, und kurz darauf fingen die Hühner wieder an, Eier zu legen.“

Zwerge und Elfen sind für Menschen meist nicht sichtbar. Nur hin und wieder treten sie in Erscheinung. Die Unsichtbarkeit der Zwerge wird meist mit einem bestimmten Kleidungsstück erklärt, einem Mantel, einer Kappe, durch deren plötzliches Abwerfen sie sichtbar werden. Die Nebel- oder Tarnkappen der isländischen Zwerge sind nach den Beschreibungen der Elfenbeauftragten des Reykjavíker Baustadtamtes, Frau Erla Stefánsdóttir, nicht nur spitz und rot, sondern auch gelb, grün und blau gefärbt und weisen unterschiedlichste Formen auf. Ein Zwerg mit Mütze ist daher eigentlich unsichtbar, eigentlich sichtbar für Menschen sind nur solche ohne Kopfbedeckung.

Aber es gibt auch gewisse Pflanzen und Steine, die die Fähigkeit des Unsichtbarmachens besitzen oder selbst unsichtbar sind. Eine spezielle isländische Steinart ist der Hulidshjálmsstein, der Tarnhelmstein. Er ist nicht Wohnort einer Elfe noch Körperteil eines versteinerten Trolls, wie oft fälschlich vermutet wird, sondern die versteinerte Kopfbedeckung eines Zwerges. Der Hulidshjálmsstein ist – solange er nicht berührt wird – sichtbar. Das war vor einigen Jahrtausenden anders, aber dazu später mehr. Seine Magie entfaltet sich, wenn er in körperlichen Kontakt mit bestimmten Lebewesen kommt. Dazu zählen allerdings nicht die so genannten niederen, wie die ihn möglicherweise bedeckenden Flechten, symbiotische Lebensgemeinschaften von Pilz und Alge und auch nicht Insekten, die gelegentlich über diverse Steine huschen, sondern höhere Säugetiere und der Mensch. Frösche, Lurche und Schlangen gibt es auf Island überdies nicht, insofern liegt bisher auch keine Kunde darüber vor, wie sich die Angelegenheit mit Amphibien verhält.

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