: Rock and Roll: Led Zeppelin im Meisenfrei
Okay, die Schenkel vom Gänsebraten am 1. Feiertag waren zäh. Und der exzellente Rehrücken in Nusskruste hat an Zubereitungszeit nicht – wie im dämlichen Kochbuch angegeben – 40 Minuten verschlungen, sondern drei Stunden. Von daher war es insgesamt nicht allzu schwer, Top-Event-Weihnachten-2000 zu werden. Doch mal angenommen, die Keulen wären zart und der Rehrücken in Windeseile zubereitet gewesen. Dann hätten Led Zep den Vogel immer noch abgeschossen. Da der Rehrücken aber verdammt lecker war, toppt Led Zep nur mit verbundenen Augen.
Immerhin: Wer sich die ganz dunkle Sonnenbrille am Freitagabend vorm Fest oder das Stirnband statt über die Ohren über die Augen gezogen hatte, der konnte sich fast der Illusion hingeben: John Bonham weilt wieder unter den Lebenden und Led Zeppelin are back – und das im guten alten Bremer Meisenfrei. Das typische schwere Bonham'sche Schlagzeug ließ nichts zu wünschen übrig. Die eigenwillige Gitarre von Page ging wie gewünscht unter die Haut, und Robert Plant lief zur Hochform auf, wenngleich er ein bisschen heiser zu sein schien. Zumindest fehlten etwas die berüchtigten Kicks beim Shouten.
Doch wer da im Meisenfrei auf der Bühne stand, das waren mitnichten Page, Plant und Co. Diese Band aus Cuxhaven nennt sich kurz und knapp Led Zep. Mit reichlich Selbstvertrauen bestückt bezeichnen sich die Norddeutschen sogar als Reinkarnation der einstigen Rockgiganten: Linuz Benger alias Robert Plant, Mike Burkhard an der Page'schen Leadguitar, Frank Alpers am Bonham-Kit und Sebastian Franke an den Saiten von John Paul Jones – hinzu kommt noch Jürgen Hühnerfuß an den Percussions. Um aber wieder zum Augenverbinden zu kommen: Spätestens damit hört die Ähnlichkeit zu den echten Led Zep auf. Wenigstens hatten sich zwei Fünftel der Band an Schlaghosen erinnert. Und Drummer Alpers hatte sogar die richtige Haarlänge.
Egal: Schließlich geht man wegen der Musik zum Konzert. Und da fehlte nichts. Kashmir kam grandios psychodelisch rüber, Rock and Roll und Whole lotta Love als wahre Dampframmen. Selbst Stairway to Heaven gab's zum Mitgrölen oder genießen – je nach Geschmack. Insgesamt möchte man sagen: Thank you, auch wenn Led Zep diesen Song leider nicht gespielt haben. Fazit: trotz exzellentem Rehrücken Top-Event-Weihnachten-2000. Jens Tittmann/Foto: privat
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