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Liebevoll ausgesuchte Lärmhöllen

■ Potato Fritz und LouRex wollen im Kir Spaß haben und Krach machen

Wissen Sie noch, damals? Die Parties in Heinz Karmers Tanzcafé? Genau, in der Kaschemme, wo alle naslang das Klo überlief. Aber auch wenn es unten ätzend stank: Das haben die Schallwellen oben allemal wettgemacht. In dieser berüchtigten Bruchbude feierten auch die Hamburger Brachial-Melodiker Potato Fritz vor sechs Jahren ihren ersten Auftritt, bevor sie 97 die Single Das ist sicherlich richtig aufnahmen; Auflage: 200 Stück. Davon sind jetzt noch zwölf übrig und zu kaufen bei Potato Fritz' heutigem Konzert. Wenn diese letzten Exemplare ausverkauft wären, würde das die Band um Sänger Bernd Kroschewski vermutlich ermuntern, mal eine neue Platte zu produzieren.

Allerdings braucht eine Band für eine neue Platte neuen Stoff. Und Potato Fritz geben sich nicht mit schnödem uff-ta-schramm-schramm-gröhl-fuckyou-und-Schluss Standard-Schreipunk zufrieden. Ihr Kampf mit dem Hier und Jetzt ist ausgefeilt. Potato Fritz tunken ihr Publikum in ein Melodienbad, um es gleich darauf durch liebevoll ausgesuchte Lärmhöllen direkt zum Teufel zu schicken. Und solche vertrackten Quälereien komponiert man nicht mal eben an der roten Ampel. Genau zwei Jahre Zeit gaben sich drei Hamburgerinnen von der Gründung ihrer Band bis zum ersten Auftritt. In ihren Songs erzählen LouRex, wie man Liebhaber los wird („Du kannst nicht über nacht bleiben, denn ich hab kein Aronal“) und berichten von Leuten mit Trainingsjacken-Tick. „Irgendwie war klar, dass wir eine Frauenband machen. Das ist leichter, als sich gegen das Gegniedel der Jungs durchzusetzen“, sagt Bassistin und Sängerin Silke Jessen. Was dabei heraus kam, ist kein Zuckerpüppchen-Schnuckipop: LouRex klingen wie ein scheppriger Bahnwaggon, der sich durch eine poppige Landschaft schiebt und an der einen oder anderen Weiche stehen zu bleiben droht. Mit zwei Stimmen und mollig-melancholischen Akkorden schrammeln sich LouRex durch eine verpunkte halbstündige Fahrt. Sie wollen nicht unbedingt die neuen Hamburger Riot Grrrls werden, sondern sich austoben, Krach machen und Spaß haben. Klingt wie das Motto des abgerissenen Tanzcafés. Aber das gibts nicht mehr. Darum ist heute abend Kir. Susie Reinhardt

Donnerstag, 21 Uhr, Kir

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