: Strom über allen Wellen
Der weltgrößte Offshore-Windkraftpark ist kurz vor der dänischen Küste in Betrieb genommen worden. Bedenken von Umweltschützern wurden kaum berücksichtigt
STOCKHOLM taz ■ Die ersten 3 von 20 Windkraftwerken des größten Offshore-Windkraftparks der Welt sind gestern vor der dänischen Küste in Betrieb gegangen. Die Anlage soll ab Januar 90.000 Megawattstunden Strom jährlich liefern – 3 Prozent des Strombedarfs der dänischen Hauptstadt. Die Anlage erstreckt sich in einem 3,4 Kilometer langen Bogen 2 Kilometer vor der Kopenhagener Hafeneinfahrt. Ein Jahr hat der Bau gedauert. Geplant wurde er schon 1993.
Die Windräder stehen auf der mit Hafenschlamm und Ausbaggerungsmaterial aufgeschütteten Untiefe „Middelgrund“. Das Wasser des Öresunds ist hier bei Ebbe nur zwei bis drei Meter tief. Hintergrund des Mammutprojektes ist der wachsende Widerstand gegen den in den Achtzigerjahren relativ unkontrollierten Ausbau der Windkraft im Landesinneren.
Denoch gab es Bedenken von Landschafts- und Umweltschützernt. Wegen der Verschlechterung der Aussicht ist die Anlage nicht mit 36, sondern nur mit 20 Windrädern bestückt worden. Ein Grund dafür war auch die mögliche Gefährdung von Vögeln und Fischen. Allerdings sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse dünn. Zwischen 0 und 1 Prozent der Vögel, die die Anlagen passieren, könnten verschiedenen Untersuchungen zufolge von Rotorblättern erschlagen werden. Ob Fische von den Windkraftanlagen betroffen sind, ist völlig unklar.
Die PolitikerInnen gaben dennoch grünes Licht, nachdem eine Umweltanalyse-Kommission festgestell hatte, dass durch Hochspannungsleitungen wesentlich mehr Vögel getötet werden. Zur Finanzierung griffen die Planer auf ein Genossenschaftsmodell zurück, das für in diesem Jahr mit dem „Europäischen Solarpreis“ ausgezeichnet wurde: Während die eine Hälfte der Anteile an der „Middelgrunden“-Windkraftgesellschaft von der Stadt Kopenhagen gehalten wird, haben in die andere Hälfte 8.500 Privatpersonen investiert. Der weltweit größte Offshore-Windkraftpark ist damit gleichzeitig auch das größte Genossenschaftsprojekt für erneuerbare Energie geworden.
Middelgrunden gilt als Startschuss für einen umfassenden Ausbau der Offshore-Windkraft in Dänemark. Eine Kapazität von 750 Megawatt, also 20 weiteren „Middelgrunden“ soll binnen acht Jahren offshore (auf See) entstehen. Nach den Energieplanungen der Regierung soll die Windkraft, die jetzt 13 Prozent der Stromproduktion deckt, im Jahre 2030 zusammen mit anderen erneuerbaren Energiequellen die Hälfte des Gesamtbedarfs bereitstellen. REINHARD WOLFF
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