: Kernspalter unterm Wasserfall
■ AKW Stade wird trotz Atomnonsens stillgelegt, die HEW werden schwedisch und sollen zur großen Nummer aufsteigen
In gut zwei Jahren, 2003, soll das Atomkraftwerk Stade stillgelegt werden. Am 10. Oktober verkündete der Energiemulti e.on, der den Meiler zusammen mit den HEW betreibt, das Ende des zweitältesten deutschen Reaktors. Nicht politischer Wille führte zu dieser Entscheidung, sondern die nüchterne Analyse betriebswirtschaftlicher Zahlen. Der alte Strahler an der Unterelbe ist schlicht unrentabel.
Das war er schon lange, nach dem Atomkompromiss zwischen Bundesregierung und Atomwirtschaft im Juni aber konnte letztere dies auch zugeben. Denn dort wurden Reststrommengen für einzelne AKWs vereinbart, zugleich aber die Möglichkeit, diese auf andere Meiler zu übertragen. Mit dem Effekt, dass Stade ein paar Monate früher vom Netz genommen wird, Brokdorf hingegen umso länger strahlen darf. Der jüngste, größte und rentabelste Reaktor von e.on und HEW bekommt die fehlenden Kilowattstunden übertragen und darf noch satte 20 Jahre Kerne spalten. Rote und vor allem Grüne feierten dennoch den vermeintlichen Erfolg ihrer Anti-Atom-Politik.
Die HEW versuchen derweil, eine der drei großen in Deutschland zu werden. Am 19. Oktober gab der schwedische Staatskonzern Vattenfall bekannt, er habe seine Anteile bei den Hamburgern von 25,1 Prozent auf 71,2 Prozent aufgestockt, sei nun der neue Herr im Hause und plane, einen Konzern von europäischer Dimension zu schaffen.
Auf dem Wunschzettel standen zunächst die Berliner Bewag, danach der ostdeutsche Strommonopolist Veag sowie mehrere seiner Zulieferbetriebe. Nach hartem Ringen mit der Konkurrenz wurde Anfang Dezember der zweite Schritt zuerst gemacht: Für 2,9 Milliarden Mark kaufte Wasserfall-HEW die Veag plus Satelliten. Der Kampf um die Bewag aber geht weiter. Der US-Konzern Southern Energy will ebenfalls die Mehrheit am Hauptstadtkonzern. Ob der Traum der Hamburger Lokalstromer sich erfüllt, eine ganz große Nummer zu werden, wird sich nächstes Jahr entscheiden. smv
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