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Man sieht genauer hin

betr.: „Schröder ernennt BSE-Beauftragte“, taz vom 30. 12. 00, „Kleine Revolution im Kuhstall“, taz vom 5. 1. 01

[...] Jetzt, nachdem alle landwirtschaftlichen Kleinbetriebe zerstört sind (von zwei Millionen 1949 bestehen derzeit nur noch etwa 200.000 Mittel- und Großbetriebe), die Bauern ihren Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb aufgegeben haben, abgewandert sind oder zu Pendlern in die näher oder weiter gelegenen Städte wurden, die Landschaft zur Agrarwüste verkommen ist, die Subventionen von der Verwaltung und Vermarktung der Überschüsse aufgefressen werden, soll plötzlich aus dem Nichts eine bäuerliche Landwirtschaft wiederstehen, soll endlich der Priebe-Plan realisiert werden.

Ein bewunderswerter Vorschlag, aber haben unsere in sozialpolitische Probleme verstrickten Politiker die Kraft, sich dem weltweit entstandenen Agrarkartell entgegenzustellen? Nur mit breiter Unterstützung aller ökologisch orientierten Kräfte, den Verbraucherschutzverbänden, den Verbänden, die eine bäuerliche Landwirtschaft propagieren, den Tier- und Naturschutzverbänden etc. könnte ein solcher Umsturz, der europaweit erfolgen müsste, gelingen. Doch wer koordiniert diese Kräfte, wenn nicht diese Verbände selbst? Die Parteien der Grünen haben ja wohl schon abgedankt, zumindest europaweit ist nichts von ihnen zu erkennen. WOLFGANG FABRICIUS, Berlin

Die besten Voraussetzungen hat vermutlich die Betriebsgröße, die zwischen dem Kleinbetrieb und der Agrarfabrik liegt. [...]

Wenn auch die Landwirtschaftslobby und viele Bauern erst einmal gegen die grünen Aktivitäten sind, so wird der Verbraucher durch sein Verhalten eine ordentliche, saubere Tierhaltung erzwingen. So ist doch bei vielen Menschen die Bereitschaft gewachsen, für sauberes Fleisch auch einen höheren Preis zu zahlen. Man sieht genauer hin! Jedenfalls wäre es schade, wenn aus der BSE-Krise nicht eine positive Entwicklung abgeleitet würde!

MANFRED FRANZ, Radefeld

„Energieerzeugung aus Biomasse“, da ist es wieder. Biomasse hat nichts mit Biohöfen zu tun. Die heutigen Biomasse-Erzeuger sind genau die Tierfabriken, die Schröder abschaffen will. Biomasse ist Gülle, und Gülle spielt bei Biohöfen eine Nebenrolle. Die meisten Exkremente landen nämlich auf der Weide, und nicht durch die Spaltenböden der Tierfabriken in der Grube. Selbst kleine konventionelle Betriebe mit überwiegender Stallhaltung bekommen nicht genügend Gülle zusammen, um eine kostenrechnende Biogasanlage erstellen zu können. Auch nicht mit Zuschuss.

Einfach das Schlagwort „Biogas“ in die Runde zu werfen, hilft nichts, wenn die Förderungskonzepte nicht massiv verändert werden. Wer heute Strom aus Biogas abnimmt, hilft unter Umständen gar nicht nachhaltig der Umwelt, sondern gibt nur dem Eigentümer der Tierfabrik ein Zubrot. [...] VOLKER KÖNIG,Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Tierrechtevon Bündnis 90/Die Grünen NRW

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