Populist siegt

In Thailand wird eine neue Partei den nächsten Regierungschef stellen. Doch dem droht ein Verfahren

BANGKOK taz ■ Die Partei des vom steinreichen Telekommunikations-Mogul zum populistischen Politiker gewandelten Thaksin Shinawatra hat bei Thailands Unterhauswahlen am Samstag wie erwartet einen Erdrutschsieg errungen. Nach provisorischen Auszählungsergebnissen hat die von Thaksin erst vor zwei Jahren gegründete Partei Thai Rak Thai („Die Thais lieben die Thais“, TRT) über 200 der insgesamt 500 Parlamentssitze, möglicherweise gar eine mehr als fünfzigprozentige Mehrheit erobert.

Wegen Unregelmäßigkeiten in zahlreichen Wahlbüros wurden bis Sonntagabend noch keine definitiven Auszählungsergebnisse bekannt gegeben. Dennoch stand fest, dass der umstrittene Exunternehmer, gegen den immer noch ein Strafverfahren wegen Korruptionsverdachts läuft, Thailands nächster Ministerpräsident werden wird.

Thaksin hatte seinen Wahlkampf mit populistischen Versprechungen geführt, die offenbar den Nerv der immer noch unter den Folgen der 1997 ausgebrochenen Asienkrise leidenden Unterschichtsmehrheit der Bevölkerung voll getroffen haben. Jedenfalls haben die Wähler den bisherigen Ministerpräsidenten Chuan Leekpai, der mit zahlreichen Reformen eine solide, aber langsam verlaufende wirtschaftliche Erholung eingeleitet hatte, in die Wüste geschickt. Seine Demokraten werden im neuen Parlament mit nur noch etwas über 100 Sitzen vertreten sein.

Die erste Versammlung des neuen Parlaments und die Amtseinsetzung der Regierung werden im Februar erfolgen. Denn zuvor muss die unter Thailands neuer „Volksverfassung“ zur Bekämpfung von Patronage und Klientelismus sowie Stimmenkauf eingesetzte Wahlkommission die Auszählungsergebnisse noch absegnen. Dieses Gremium hat bereits angekündigt, mehrere Dutzend gewählte Kandidaten wegen Stimmenkaufs disqualifizieren und neue Urnengänge anordnen zu wollen.

Wahlsieger Thaksin hat bereits Koalitionsverhandlungen mit kleineren Parteien aufgenommen hat. „Traumpartner“ ist offenbar die Partei des Exgenerals Chavalit Yongchaiyudh, der 1997 als Ministerpräsident der gescheiterten Stützung der Landeswährung die gesamten Devisenreserven geopfert und anschließend das IMF-Hilfsabkommen unterzeichnet hat, das sich dann schmerzhaft auf den Lebensstandard der Bevölkerungsmehrheit auswirkte.

Noch negativer als eine Neuauflage der „Krisenkoalition“ von 1997 schätzen Beobachter allerdings den Umstand ein, dass über Thaksin das Damoklesschwert des Korruptionsverfahrens schwebt. Vor wenigen Tagen hat die Nationale Antikorruptionskommission ihn wegen Nichtdeklarierens von Vermögenswerten in Milliardenhöhe verurteilt. Sollte das Verfassungsgericht dieses Urteil bestätigen, so müsste Thaksin schon in wenigen Monaten vom Regierungsamt zurücktreten und würde überdies mit einem fünfjährigen Politikverbot bestraft.

URS MORF

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