Flucht in Busse und Bahnen

Die BVG beteiligt sich an der „Aktion Noteingang“. Busse und Bahnhöfe sollen künftig Schutz vor rassistischen Gewalttaten bieten. Berlinweit wurden bislang 10.000 Aufkleber verteilt

von RICHARD ROTHER

Auf Bussen und Bahnen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) werden ab Freitag Aufkleber gegen rechte Gewalt prangen. Damit unterstütze die BVG die „Aktion Noteingang“ gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Berlin, sagte gestern die Grünen-Landesvorstandssprecherin Regina Michalik. Gemeinsam mit den Grünen engagieren sich der Gesamtverband des Berliner Einzelhandels, der Internationale Bund, der Türkische Bund, die Vereinigung Türkischer Reiseagenturen und die SPD.

Die „Aktion Noteingang“ wurde 1998 von linken Basisgruppen in Brandenburg ins Leben gerufen. Im Sommer des vergangenen Jahres erhielten die Initiatoren dafür den Aachener Friedenspreis. Die Berliner Grünen haben am 24. November 2000 ihre „Aktion Noteingang“ gestartet. Aufkleber mit der Aufschrift „Noteingang“ sollen in den Schaufenstern von Läden, Kneipen und öffentlichen Einrichtungen signalisieren, dass dort Schutz und Hilfe bei rassistischen Gewalttaten geboten wird. „Wir bieten Schutz vor rassistischen Übergriffen!“, steht in mehreren Sprachen auf dem Aufkleber: auf Englisch, Türkisch und Französisch. Bei den in Brandenburg zu verteilenden Aufklebern stehen Polnisch und Russisch im Mittelpunkt. Bisher wurden rund 10.000 Aufkleber berlinweit verteilt.

Der Berliner Einzelhandelsverband hat 3.000 Aufkleber bestellt und in Briefen seine Mitgliedsfirmen aufgefordert, sich an der Aktion zu beteiligen. Das KaDeWe hat die Aufkleber bereits angebracht. Die Apotheker-Innung hat 1.000 Aufkleber genommen. Unklar ist allerdings, wie viele Aufkleber bislang tatsächlich angebracht worden sind. „Da können wir keine Schätzungen abgeben“, so die Grünen-Chefin Michalik. Die Resonanz sei aber überwiegend positiv, unter anderem bei Ladenbesitzern in Zehlendorf. Allerdings habe sich die Vereinigung der Geschäftsleute am Teltower Damm bislang geweigert, sich der Aktion anzuschließen.

Die Brandenburger Erfahrungen mit der „Aktion Noteingang“ haben gezeigt, dass manche Geschäftsinhaber Angst davor haben, Kunden zu verlieren oder selbst zum Ziel rassistischer Gewalt zu werden, wenn sie sich öffentlich positionieren. Eine Sprecherin des Türkischen Bundes bestätigte gestern diese Ängste. „Wir erhoffen uns aber einen Abschreckungseffekt, wenn sich viele Geschäfte beteiligen.“

Die Aktion könne allerdings keinen umfassenden Schutz vor Gewalttaten bieten, räumte Michalik ein. Wichtiger sei jedoch, dass die Möglichkeit bestehe, mit den Geschäftsleuten und Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. „Das öffentliche Bekenntnis und die Symbolik sind entscheidend.“

BVG-Sprecherin Barbara Mansfield betonte, mit der Aktion solle nicht nur „Flagge gezeigt“ werden. Die Bürger sollten auch dazu motiviert werden, Hilfe zu leisten. Auf Bussen, Straßenbahnen und den U-Bahn-Leitstellen sollen die A-5-großen, neonorangefarbenen Aufkleber signalisieren, dass die Mitarbeiter in Gefahrensituationen helfen und auf Wunsch die Polizei benachrichtigen. An der Endhaltestelle der Buslinie 185 gegenüber dem KaDeWe werden am Freitag um 13 Uhr symbolisch die ersten Aufkleber angebracht. Die BVG hat bisher 2.000 Aufkleber bestellt.