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Der Knast überzeugt nicht mehr

Schon im Jahre 2002 sollen Richter neue Sanktionsmöglichkeiten nutzen können. Verändern werden sie das Strafsystem wohl nur in Randbereichen

von CHRISTIAN RATH

Noch in dieser Wahlperiode will Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) neue Sanktionsformen für verurteilte Straftäter einführen. Künftig soll auf Delinquenten verstärkt mit gemeinnütziger Arbeit und Fahrverboten eingewirkt werden. Ein Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, wird derzeit von den Ländern beraten und soll im Laufe des heutigen Vormittags im Internet veröffentlicht werden (www.bmj.bund.de –unter „Gesetzgebungsvorhaben“).

Bisher haben Strafrichter vor allem zwei Sanktionen zur Auswahl: das Gefängnis und die Geldstrafe. Doch der Knast überzeugt als Strafart schon lange nicht mehr. Die verurteilten Täter kommen in eine Subkultur, in der sie alles über das Verbrechen lernen können – aber nur wenig, was ihnen für ein gesetzestreues Leben nützt. Über die erschreckend hohen Rückfallquoten braucht sich daher niemand zu wundern.

Auch die Geldstrafe, zu der rund 80 Prozent aller Verurteilungen führen, ist nur eine schwache Alternative. Trotz unterschiedlicher Tagessätze trifft sie Arme härter als Reiche. Gut situierte Straftäter können ihre Geldstrafen immer bezahlen, sozial Schwache müssen dagegen häufig eine so genannte Ersatzfreiheitsstrafe absitzen.

Dass es so nicht weitergehen kann, hatte sogar die Kohl-Regierung eingesehen. Der damalige FDP-Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig setzte eine Kommission ein, die Vorschläge für Neuerungen machen sollte. Jetzt hat Herta Däubler-Gmelin einen Gesetzentwurf vorgelegt. Herausgekommen ist aber nur ein Reförmchen, das in merkwürdigem Kontrast zur ambitionierten Zielsetzung steht. Im Mittelpunkt des Gesetzespakets stehen Fahrverbot und gemeinnützige Arbeit, wobei beide Sanktionsformen gegenüber ihrem bisherigen Anwendungsbereich aber nur moderat erweitert werden. Dagegen fehlen im aktuellen Reformprojekt viele Punkte, die in der Diskussion bisher eine große Rolle spielten (siehe Beitrag unten). So ist der elektronische Hausarrest in der Regierung noch umstritten, während das Strafgeld für Ladendiebe wohl ganz fallen gelassen wurde.

Mit einer Nachbesserung ist nicht zu rechnen. Diskutiert wird in der Regierungskoalition derzeit nämlich vor allem die Aufnahme eines Vorhabens, das eigentlich gar nicht in das Paket gehört: die Einführung einer neuen Kronzeugenregelung (siehe taz vom 9. 1. 2001). Außerdem geht es um die Möglichkeit, künftig auch Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren (derzeit: bis zu zwei Jahren) noch zur Bewährung aussetzen zu können. Die Grünen wollen hier mehr Flexibilität ermöglichen; Däubler-Gmelin ist noch skeptisch, weil sie populistische Angriffe der Opposition fürchtet.

Über die Kernpunkte der Reform wird es aber auch noch viele Diskussionen mit den Ländern geben. Zwar sollen die Neuerungen Geld sparen helfen, indem die überfüllten Gefängnisse entlastet werden. Auf der anderen Seite bringen die alternativen Sanktionsformen aber auch neue Kosten mit sich. „Man kann den Handtaschenräuber ja nicht einfach zu ‚Essen auf Rädern‘ schicken und dann auf alte Leute loslassen“, gab der liberale CDU-ler Horst Eylmann einst zu bedenken. „Da ist auch viel Betreuung nötig.“

Nach den Plänen der Regierungskoalition sollen Richter schon im Jahr 2002 die neuen Sanktionsformen nutzen können. Verändern werden sie das Strafsystem aber wohl nur in Randbereichen.

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