Kein Kehraus im Knast: Strafreform bleibt mager

Fahrverbote und Arbeitseinsätze statt Haft- und Geldstrafen: Heute stellt Däubler-Gmelin ihr Reformpaket für das Strafsystem vor. Das fällt für ein rot-grünes Herzensanliegen moderat aus

FREIBURG taz ■ Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) will den Gerichten mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Bestrafung leichterer und mittlerer Kriminalität geben. In einem Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, ist vor allem ein verstärkter Einsatz von Fahrverboten und gemeinnütziger Arbeit vorgesehen. Der Referentenentwurf soll heute offiziell bekannt gemacht werden.

Die Suche nach Alternativen zu Haft- und Geldstrafe, so die Ministerin jüngst im Bundestag, ist einer „der Schwerpunkte dieser Bundesregierung“. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, bezeichnete das Projekt gegenüber der taz als „echtes rot-grünes Projekt“.

Gemessen am hohen politischen Stellenwert ist das Reformpaket allerdings bescheiden ausgefallen. Der Anwendungsbereich von Fahrverbot und gemeinnütziger Arbeit wird nur moderat erweitert. Andere schon diskutierte Vorschläge, wie der elektronisch überwachte Hausarrest oder ein polizeilich verhängtes Strafgeld für Ladendiebe, fehlen völlig. Leerer werden die überfüllten Gefängnisse nun kaum werden. Neu ist immerhin das Problembewusstsein, das in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommt: dass Haft- und Geldstrafen oft mehr Schaden anrichten, als sie positiv bei Straftätern bewirken können.

Kümmerlich ist das Reformprojekt vor allem geworden, weil alternative Strafen schwer zu finden waren. So wollte Däubler-Gmelin ursprünglich das Fahrverbot in allen Deliktsbereichen zum Einsatz bringen. Davon hat sie nun aber nicht mangels Mut Abstand genommen, sondern weil sich Gleichheitsprobleme stellten. So ist der Vielfahrer von einem Fahrverbot ganz anders getroffen als die Gelegenheitsfahrerin, und ein Mensch ohne Auto wäre dadurch gar nicht zu treffen.

Im Justizministerium rechnet man wegen des vorsichtigen Ansatzes der Reform mit wenig öffentlicher Kritik. Derzeit prüfen die Länder das Vorhaben. Wenn ihre Stellungnahmen und die der Fachverbände eingearbeitet sind, soll das Gesetzespaket im Sommer im Kabinett und im Herbst im Bundestag beraten werden. 2002 könnten die Neuerungen bereits in Kraft treten.

CHRISTIAN RATH

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