piwik no script img

Herzklinik vor dem Infarkt

Nur eine schnelle Einigung kann die CardioCliniC Hamburg retten. Die sieht sich als Opfer von Kassen und Gesundheitsbehörde  ■ Von Sandra Wilsdorf

Die CardioCliniC Hamburg steht vor dem Aus. Pro Operation zahlen die Kassen momentan nur 250 Mark, „das reicht nicht einmal, um die Herz-Lungen-Maschine zu betreiben“, sagt Herzchirurg Hans-Martin Stubbe von der Privatklinik. Im Dezember vergangenen Jahres wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, mittlerweile hat sich die Lage so zugespitzt, dass die Gehälter für Januar eben noch gezahlt werden können. Findet sich keine kurzfristige Lösung, „muss ich in sechs Wochen den Betrieb einstellen“, sagt Insolvenzverwalter Heiko Fialski.

Die Schuld daran gibt die CardioCliniC vor allem den Krankenkassen und der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS). Denn die haben, so Klinik-Geschäftsführer Wolfgang Borchert, das Budget in Höhe von 6,2 Millionen Mark für 2001 noch nicht genehmigt. Stattdessen zahlen sie 250 Mark pro OP.

Als die CardioCliniC 1990 eröffnete, stieß sie in eine Marktlücke. HamburgerInnen mussten lange auf eine Herz-OP warten oder sich in Großbritannien behandeln lassen. Die Klinik, die zu 95 Prozent Kassenpatienten behandelt, etablierte sich schnell und führte 1995 knapp 1000 Operationen durch . Doch die anderen Krankenhäuser zogen nach: Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, AK St. Georg, Albertinen Krankenhaus machten der CardioCLiniC immer stärkere Konkurrenz: „Dann fing es an, dass die Kassen die Kosten für Operationen bei uns nicht mehr übernehmen wollten“, sagt Krankenschwester Monika Linnebur.

Deshalb klagte die CardioCliniC auf Aufnahme in den Hamburger Krankenhausplan. Die BAGS wehrte sich, „weil die CardioCliniC für die Versorgung der Hamburger nicht nötig ist“, sagt BAGS-Sprecher Stefan Marks. Die Herzchirurgen zogen vor das Oberverwaltungsgericht, das zunächst veranlasste, die CardioCliniC in den Plan aufzunehmen. Im Dezember vergangenen Jahres fanden die Kassen aber, die Klinik hätte genügend über ihre Verhältnisse gelebt und strichen 99 Prozent des Budgets. Blieben 250 Mark pro OP.

Mit Beginn des neuen Jahres aber, so die CardioCliniC, sollte es eigentlich ein neues Budget geben, und damit eine Überlebenschance. Die BAGS weist daran jede Schuld von sich, dass es dazu nicht kam: „Die Vereinbarung wird zwischen Kassen und Klinik getroffen, die BAGS hat sie lediglich rechtlich zu prüfen“, sagt Marks. Aber nicht alle Kassen hätten die Vereinbarung unterschrieben, weshalb sie unwirksam sei.

Die CardioCliniC sieht sich als Opfer: „In Hamburg sind Kassen und andere Stellen offenbar miteinander verquickt. Es geht hier nicht um wirtschaftliche oder patientenorientierte, sondern um ganz andere Aspekte“, sagt Stubbe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen