piwik no script img

Abgesperrter Bereich

Die Jenfelder Sängerin ist kein Teenie mehr  ■ Von Eberhard Spohd

Das Wichtigste vorweg: Blümchen ist nie Blümchen gewesen. Zumindest nicht nur: „Ich habe habe nie meine Persönlichkeit auf der Bühne von dem, was mich sonst ausmacht, getrennt.“ Immer habe da auch die wahre Jasmin Wagner gestanden, „es gibt keinen Knopf, der da eingeschaltet wird“. Das Entscheidende hinterher: Blümchen wird nicht länger Blümchen sein. Das Jenfelder Girl, das mit 15 Jahren mit Herz an Herz die Charts stürmte, wird nach der laufenden Tour das Teenager-Dasein beenden. „Blümchen ist ein Mädchen“, sagt Wagner, „ich bin eine Frau.“

Womit eine der meistgehassten Sängerinnen dieser Republik in Pension geht. Kalkulierter Techno-Sound, einfältige Texte, langweilige elektronische Beats, konstruiertes Produkt der Industrie, Design-Objekt, aseptischer Lolitacharme: All diese Zuschreibungen treffen selbstverständlich auf die minimal variierten musikalischen Mittel, das produzierende Umfeld von Blümchen und sie selbst zu, prallen aber an Wagner ab: „Warum soll ich mich darüber ärgern? So denken vielleicht einige Leute, aber ganz viele mögen meine Musik und besuchen gerne meine Konzerte.“ Fünf Alben, die sich ausnehmend gut verkauften, und um die 15 Singles beweisen dies zur Genüge.

Die inzwischen 20-Jährige geht mit Kritik genauso professionell um wie mit allem anderen. Blümchen als öffentliches Mädchen: für sie eine Selbstverständlichkeit. „Ich habe kein Problem damit, meine Freude über den Führerschein mit Leuten zu teilen“, kommentiert sie heute den Medienhype, den das Erlangen der Fahrerlaubnis umgab. Um sofort klarzustellen: „Aber mein Privatleben ist meines geblieben. Es hat zum Beispiel nie irgendwelche Homestorys gegeben, weil ich es nie wollte. Wenn man schon so öffentlich lebt, wenn Leute pausenlos etwas von dir erfahren wollen, dann muss es auch einen abgesperrten Bereich geben.“

Jasmin Wagner ist kalt, wenn sie mehr von sich preisgeben soll, als ohnehin schon bekannt ist. Wenn sie erzählt, hat man den Eindruck, sie habe nur die Schulzeit erlebt und ihre Auftritte. Der Alltag, auf den sie sich beruft und der ihr so wichtig ist, ihre Familie, ihre Freunde, Ausgehen: Es wirkt, als habe das in ihrem Leben nie einen Platz gegeben. Sie widerspricht sich dabei natürlich, das passiert sogar einem Profi. Aber letztlich: Niemand darf erfahren, ob sie je den Müll runtergebracht hat.

Genauso wenig, wie bislang niemand erfährt, was nach Blümchen kommt. „Langweilig“, sagt Jasmin, „wird es mir nicht werden.“ Immerhin sind die Zeiten vorbei, als sie Sandra und Roxette nacheiferte und „so schön singen“ wollte. Heute geht der Musikgeschmack in Richtung Alternative. Auf die Frage, ob sie sich mit Gitarre auf der Bühne vorstellen kann, kommt ein fast aggressives: „Warum nicht?“

Die Zukunft steht also angeblich noch in den Sternen. Erst bastelt man an der Karriere, bevor man bekannt gibt. „Ich habe mir angeschaut, wie Leute das machen, die schon länger dabei sind“, erklärt sie, warum ihr eine Menge Fehler nicht unterlaufen sind. „Wenn die bei manchen Sachen auf die Nase gefallen sind, dann erspare ich mir das.“ Da wird nicht einfach Stahnke-mäßig die Rolle in einem Hollywood-Streifen angekündigt. Statt dessen stand sie tatsächlich mit Sylvester Stallone in dem Film Champs vor der Kamera und gibt auch sofort zu: „Das war aber wirklich nur eine kleine Rolle.“

Schauspielern wäre also eine Möglichkeit, wie Jasmin Wagner in Zukunft ihre Zeit verbringt. Oder die eigene Mode-Kollektion ausbauen. Oder für Tommy Hilfiger nicht nur den Duft „tommy girl“ exklusiv promoten. Oder weiter die Disney Filmparade moderieren. Das kann sie nämlich, neben singen, übrigens wirklich. Unvergessen, wie sie der Mini Playpack Show „den Hautgout des Pädophilen nahm“ (taz). Oder sie weitet ihr Engagement beim Renntaem Della Penne weiter aus, das ab dem kommenden Sommer bei Cart-Rennen der Formel Eins Konkurrenz machen will.

Aber für welche Tätigkeit sie sich auch immer entscheidet: Mainstream wird es sein. Das ist nicht schlimm. Alle werden sie hassen, aber viele mögen sie dann weiterhin. Und über ihren neuen Namen als Künstlerin darf man getrost spekulieren. Das nächste Jahrzehnt des Twens wird sie bestimmt als Jasmin verbringen. Denn irgendwie ist Jasmin auch ein Blümchen.

morgen, 18 Uhr, CCH 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen