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Salamistau killt Standort

Wegen der BSE-Krise ging der Umsatz der Wurstfabrik Könecke in Spandau rapide zurück: Jetzt macht sie dicht. Mehr als 60 Mitarbeiter werden zum 31. Mai entlassen

Die Angst vor BSE hat ein erstes Opfer in der Stadt gefordert. Zum 31. Mai macht die Wurstwarenfabrik Könecke in Spandau dicht. Mehr als 60 Mitarbeiter werden entlassen. „Das ist für viele eine persönliche Katastrophe“, sagte gestern Firmenchef Karl Könecke. Den Mitarbeitern werde allerdings angeboten, in das Hauptwerk nach Bremen mitzukommen. Obwohl die Firma seit Ende November kein Rindfleisch mehr verarbeitet, ist der Umsatz nach Firmenangaben um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Könecke: „Der Verbraucher setzt Rindfleisch mit Gift gleich, das verstehe ich nicht.“

Könecke ist wütend. 15 Jahre lang hätten die Politiker nichts getan, das Problem auf andere Länder geschoben. Die heutigen Reaktionen der Verbraucher hält Könecke dennoch für „absolut unangemessen“: „Die Stimmung ist hysterisch aufgeheizt.“ Schließlich sei die Chance, im Lotto zu gewinnen, wesentlich höher als die Gefahr, sich mit BSE-Erregern zu infizieren. Zudem sei die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sehr selten.

Könecke produziert seit 25 Jahren Wurstwaren in Berlin: vor allem Tee- und Mettwurst, Puten- und Minisalami. Zuletzt verließen rund 130 Tonnen pro Woche die Fabrik. Seit vergangener Woche stehen zum ersten Mal die Bänder still. Die Fabrik sitzt auf 90 Tonnen Minisalami. Die großen Handelsketten, die Könecke bundesweit beliefert, nehmen kaum noch Waren ab. „Die werden das Zeug nicht mehr los“, sagt Werksleiter Fritz Stellbrink.

Stellbrink räumt ein, in den vergangenen Wochen einen großen Fehler bei der Etikettierung der Wurst gemacht zu haben. Weil die Etikettenhersteller mit der Produktion neuer Aufkleber nicht mehr nachkamen, wurde das Wort Rindfleisch auf dem Etikett schlicht geschwärzt. „Das haben uns die Verbraucher wohl als Betrug ausgelegt.“ Zudem hätten die Verbände in der Vergangenheit Fehler gemacht. „Die haben das Thema unterschätzt.“ Jetzt hätten die Wursthersteller unter den Folgen zu leiden. Stellbrink: „Wir sind nicht das letzte Werk, das schließen muss. In Berlin und Brandenburg arbeiten derzeit noch 4.000 Menschen in der Fleischbranche.

RICHARD ROTHER

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