Natürlich investieren

Der Natur-Aktien-Index Nax enthält 20 internationale Öko-Werte. Darin aufgenommen wird nur, wer hohe ökologische und ethische Standards erfüllt. Steigerung im vergangenen Jahr: 50 Prozent

Zwei Buchstaben und zwei Ziffern – mehr trennt „Nemax 50“ und „Nax“ ja eigentlich erst einmal nicht voneinander. Und doch sind es Welten, die zwischen dem Aktienindex des (ehemaligen) Zocker-Dorados Neuer Markt und dem Natur-Aktien-Index Nax liegen. Während der Nemax im vorigen Jahr bekanntlich ins Bodenlose stürzte, legte der Nax um 50 Prozent zu: Von 1.300 Punkten zu Beginn auf mehr als 1.900 Punkte am Ende des vergangenen Jahres. Und während am Neuen Markt die erhoffte Rendite über allem steht, werden in den Nax nur Unternehmen aufgenommen, die neben ökonomischen Kriterien auch hohen ökologischen und ethischen Anforderungen genügen.

Vor knapp vier Jahren wurde der Nax im Auftrag des Münchner Magazins natur & kosmos vom Wiener Öko-Invest-Verlag entwickelt. Mit dem Ziel zu zeigen, dass ethisch-ökologisches Investment nicht mit dem Verzicht auf Rendite gleichzusetzen ist. Und das wurde denn auch eindrucksvoll bewiesen: Der Nax hielt bei der Entwicklung des MSCI-Welt-Index locker mit – und in dem sind die größten börsennotierten Unternehmen der Welt versammelt. Im vorigen Jahr ließ der Nax seinen selbst gewählten Vergleichsindex gar deutlich hinter sich: Um 63 Prozentpunkte entwickelte sich der grüne Index besser als der konventionelle Aktienindex. Langfristig verlaufe die Kurve des Nax „mindestens so gut“ wie die des MSCI-Index, meint Kirein Franck, Leiter des Arbeitsbereichs Ethisches Investment beim hannoverschen Institut für Markt, Umwelt, Gesellschaft (imug). Das Institut nimmt die Firmen vor der Aufnahme in den Index unter die Lupe – aber auch danach wird die Einhaltung der festgelegten Kriterien laufend überwacht. Darüber, wer aufgenommen wird oder ausscheiden muss, entscheidet aber der Nax-Beirat: Darin sind zurzeit neben Max Deml vom Öko-Invest-Verlag und Horst Hamm von natur & kosmos noch Antje Schneeweiß vom Südwind-Institut, Siegburg, sowie Christoph Bals von Germanwatch, Thomas Orbach vom Wuppertal-Institut und Caroline Zuniga von der Deutschen Entwicklungsgesellschaft vertreten.

Die Anzahl der Firmen im Nax ist auf 20 beschränkt: Darunter sind etwa der Pfandautomatenhersteller Tomra, die Kosmetikkette Body Shop oder der Schuh- und Kleidungsproduzent Timberland. Zu Jahresbeginn betrage der Anteil der Unternehmen am Nax jeweils fünf Prozent, erläutert Max Deml. Im Laufe des Jahres könne sich das Gewicht der einzelnen Firmen aber durch die unterschiedliche Kursentwicklung der Aktien verschieben. So hatte das Wassertechnik-Unternehmen Wedeco nach Angaben Demls zum Ende des vorigen Jahrs einen Anteil von 14 Prozent.

Die Kriterien für Unternehmen zur Aufnahme in den Nax sind streng. Zunächst müssen sie auf zwei von vier möglichen Arten „zur Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftsstile“ beitragen, heißt es in den Vorgaben: Ein Unternehmen kann erstens Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die einen „wesentlichen Beitrag zur ökologisch und sozial nachhaltigen Lösung zentraler Menschheitsprobleme leisten“; das sind beispielsweise energieeffiziente Transportsysteme. Zweitens kann das Unternehmen Vorreiter seiner Branche bei der Produktgestaltung sein; etwa die Lebensdauer der Produkte verbessern. Die Firmen können zudem Branchen-Vorreiter (drittens) bei der technischen und (viertens) bei der sozialen Gestaltung des Produktions- und Absatzprozesses sein; also etwa den Rohstoffverbrauch senken oder Minderheiten fördern.

Aber selbst wenn all dies auf ein Unternehmen zutrifft – es hat keine Chance, in den Nax aufgenommen zu werden, wenn es etwa Waffen herstellt oder gewerkschaftliche Aktivitäten behindert. Dafür sorgt eine Liste mit Ausschlusskriterien.

Neben diesen ethischen und ökologischen Aspekten gibt es auch ökonomische: So müssen mindestens drei Viertel der Nax-Unternehmen etablierte Firmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Mark im Jahr sein. Zudem gehören die Unternehmen unterschiedlichen Branchen an und sind in verschiedenen Ländern beheimatet: Die meisten Firmen stammen dabei aus den USA, aus den anderen Ländern kommt meist nur ein Unternehmen.

Aber auch Nax-Firmen sind nicht davor gefeit, von einem größeren Unternehmen geschluckt zu werden. Und das könnte das bestehende Firmen-Profil, aufgrund dessen es schließlich in den grünen Index aufgenommen wurde, gefährden. Allein die Möglichkeit der Einflussnahme eines großen Konzerns reiche den Nax-Initiatoren aus, das Unternehmen dann zu ersetzen, erläutert Kirein Franck. Beispielsweise wurde im vorigen Jahr der amerikanische Eiskremhersteller Ben & Jerrys aus dem Nax gekippt, nachdem er vom Lebensmittelkonzern Unilever aufgekauft wurde – trotz aller Beteuerungen, durch die Übernahme werde sich nichts verändern.

Auch die beiden jüngsten Wechsel im Nax wurden auf diese Weise verursacht: So wurde das amerikanische Unternehmen Real Goods durch eine Firma aus derselben Branche und demselben Land ersetzt: Der „Gemischtwarenladen“ Gaiam hat umweltfreundliche Produkte von Nahrungsmitteln bis zum nachhaltigen Tourismus im Angebot. Und den Platz von Sunrise Medical, das vor allem Rollstühle produziert, nahm Transmeta ein: Die Ingenieure des Startup-Unternehmens haben einen Micro-Prozessor entwickelt, der deutlich weniger Strom verbraucht als herkömmliche Prozessoren.

Dass sich die Geschäftsphilosophie so grundlegend verändere, dass ein Unternehmen deshalb ausgeschlossen werde, sei bisher noch nicht passiert, sagt Franck. Die Zusammensetzung des Nax könne sich aber auch deshalb ändern, weil in einer Branche ein „besseres“ Unternehmen gefunden werde. So wurde vor gut einem Jahr das Schweizer Wassertechnik-Unternehmen Christ durch die deutsche Firma Wedeco ersetzt, die Geräte zur Wasserreinigung mit UV-Licht produziert.

Keine schlechte Wahl: Der Kurs der Wedeco-Aktie stieg im Lauf des vergangenen Jahres um mehr als 350 Prozent – ein großer Beitrag dazu, dass zwischen Nax und Nemax 50 nicht nur unter ethischen und ökologischen Gesichtspunkten Welten lagen, sondern zum Glück für die grünen Anleger auch bei der Wertentwicklung. THOMAS STROHM