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Unternehmen in Grün

Das Umweltkontor tut es und Unite auch, P&T und WKV tun’s ebenfalls: Alle sammeln Geld. Manche gehen an die Börse, andere akquirieren direkt

Früher war alles anders: Da gab ein Investor sein Geld der Bank, und die investierte es in Unternehmen, die beste Renditen versprachen. Heute ist der Umweg über die Bank nicht mehr zwingend notwendig: Jeder, der etwas Geld übrig hat, findet Firmen, die es ihm mit Kusshand abnehmen. Manche gehen dazu an die Börse, weil sie dann Zugang zu einer Vielzahl potenzieller Interessenten finden. Anderen sind die Hürden zu hoch: Sie wählen den Weg des direkten Vertriebs oder bedienen sich professioneller Händler, um ihre Angebote öffentlich zu machen.

Allerdings kann sich nur etwa 1 Prozent aller Unternehmen über den Kapitalmarkt finanzieren, schätzt man bei dem Verband UnternehmensGrün, in dem sich sozial- und umweltgerecht wirtschaftende Firmen organisieren. „99 Prozent müssen sich klassisch finanzieren“, sagte Vorstand Elmar Sing in einem taz-Interview. Dabei habe man es gerade im ökologischen Bereich „in der Mehrzahl mit kleinen und Kleinstbetrieben zu tun, die nie eine AG werden können“ – es vielleicht auch nicht wollen, weil diese Gesellschaftsform hohe Kosten verursacht.

Der „klassische Weg“ zur Unternehmensfinanzierung heißt: Eigenkapital. Der Unternehmer steckt eigenes oder Sachvermögen in seinen Betrieb. Von dessen Höhe hängt es dann ab, wie viel Fremdkapital er beispielsweise von Banken bekommt. Interessant werden Unternehmen für Geldinstitute nur dann, wenn zudem der Umsatz stimmt. Kleine Unternehmen setzen bis zu 10 Millionen Mark im Jahr um und haben laut Elmar Sing eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von etwa 5,6 Prozent; mittlere Unternehmen bis 100 Millionen Mark Umsatz 14,7 Prozent und große Unternehmen über 100 Millionen Mark Umsatz 25,7 Prozent. „Unternehmen mit weniger Eigenkapital haben eine schlechte Bonitätsquote“, so Sing. „Dann gibt es Probleme, Kredite oder öffentliche Fördermittel zu bekommen.“

Den Anteil an reinen Ökobetrieben in der deutschen Unternehmenslandschaft schätzt man bei UnternehmensGrün derzeit auf „weniger als 5 Prozent“. Für sie ist die Kapitalakquirierung mitunter noch etwas mühsam, vor allem für die kleinen und kleinsten. Sie müssen Klinken putzen und medienwirksam über jeden neuen Kleinauftrag jubeln, um auf sich aufmerksam zu machen. Dabei hätten gerade ökologische Geldanlagen „zahlreiche Rückwirkungen auf Unternehmen, Investoren, Finanzdienstleister und die Gesellschaft insgesamt“, heißt es in einem Hintergrundpapier des Umweltbundesamtes. Bislang gebe es aber noch keine wissenschaftliche Untersuchung zu den Umwelteffekten von Ökoanlagen. Die positiven Effekte lassen sich also „nicht in konkreten Zahlen ausdrücken“.

Die Berliner Firma Ecologic hat nun im Auftrag des Bundesumweltministeriums die Auswirkungen von Investitionen in Ökobetriebe unter die Lupe genommen und vier Aspekte besonders hervorgehoben.

Da ist zunächst die „Finanzierung umweltfreundlicher Unternehmen und von Umweltprojekten“. Das Geld, das ökologisch investiert wird, kann zum Beispiel „eine Anschubfinanzierung für bestimmte Projekte erbringen“, so Ecologic, oder die allgemeinen Finanzierungsbedingungen von Unternehmen und Projekten verbessern. So verdanke „praktisch der gesamte Windkraftsektor in Deutschland seine Existenz den ökologischen Geldanlagen“ – vor allem durch Direktbeteiligungen.

Der zweite Aspekt: Eine ökologische Beteiligung beeinflusst das Management. Aktionäre können von ihrem Stimmrecht gebrauch machen, beispielsweise „eigene Anträge einbringen“ – oder sie verweigern auf der Hauptversammlung einem umweltschädlich agierenden Vorstand die Entlastung.

Drittens lasse sich durch Öko-Investment das Unternehmensimage stärken, ferner auch die Wettbewerbsfähigkeit umweltfreundlicher Unternehmen. Die „Imageeffekte“ resultierten daraus, dass „die Aktien der betroffenen Unternehmen am Markt als grüne Aktien gehandelt werden un das eine entsprechende Berichterstattung in den Medien“ mit sich bringe. Das sei allerdings „weder genau abgrenzbar noch quantifizierbar“.

Als vierten Effekt schließlich nennt Ecologic die „indirekt ausgelöste Verbesserung des Umweltmanagements in Unternehmen“. Von Bedeutung seien hier vor allem „die regelmäßigen Kontakte mit Öko-Fonds und den für sie tätigen Rating-Agenturen“. Verbesserungen könnten sein: mehr Transparenz, eine bessere Umweltberichterstattung und mehr Gewicht der Umweltabteilungen. Zudem ließen sich „Verbesserungen bei Umweltmanagementsystemen und Umweltprogrammen beobachten, insbesondere auch Auswirkungen auf interne Umweltziele“.

Je nach Anlageform kann man unterschiedliche Auswirkungen auf Umwelt und Unternehmen beobachten. Den geringsten Einfluss hat die Untersuchung offenbar bei ökologischen Aktien ausgemacht. Zwar könne man gezielt bestimmen, wo man investiere und wohin die Mittel flössen, doch trete der Privatanleger nach dem Aktienkauf „praktisch nicht mehr in Erscheinung“. Allerdings könne über grüne Aktien – „insbesondere bei Erstemissionen“ – eine Anschubfinanzierung bereitgestellt werden, was auch zur „Verbesserung der Finanzierungsbedingungen von Unternehmen“ führe. Öko-Fonds hingegen hätten „durchaus einen deutlich positiven Effekt für die Umwelt“. Der Nutzen ergebe sich aus einem breiten Spektrum von Mechanismen, darunter die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen und Imageeffekte. Deutlich „sichtbare Auswirkungen“ hätten ökologische Direktbeteiligungen, etwa in Windkraftanlagen, deren Bau damit oft „erst ermöglicht wurde“, so Ecologic. Sie leisteten zugleich „einen wichtigen Beitrag bei der Umstellung auf erneuerbare Energieträger“.

Fazit: Ein eindeutiges Votum für oder gegen eine der unterschiedlichen Anlagemöglichkeiten im grünen Bereich lässt sich nicht abgeben, denn jede Investition hängt von den persönlichen Anlagezielen des Geldgebers ab. Investment in Ökounternehmen bringt aber im Gegensatz zu konventionellem gleich einen mehrfachen Nutzen: die Beschleunigung des Umbaus von Unternehmensstrukturen hin zu ökologischer Wirtschaftsweise und – natürlich – Rendite. Und dass die Finanzierungsbedingungen für Ökounternehmen zunehmend rosiger werden, wird immer wieder in Umfragen bei Anlegern deutlich: So zeigte sich – siehe Grafik – schon vor zwei Jahren ein Viertel aller von dem Hannoveraner Institut imug befragten Anleger an ökologischen Geldanlagen interessiert. ALO

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