Patrioten gesucht

Serbiens künftiger Premier Djindjić muss die Wirtschaft wieder ankurbeln und setzt dabei auf Rückkehrer

SPLIT taz ■ Der Freude über den Wahlsieg folgt die Ernüchterung: Dem designierten Premierminister Zoran Djindjić wird es angesichts der Aufgabe, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, schwer fallen, das Parteienbündnis DOS zusammenzuhalten.

Die Bevölkerung ist beunruhigt. Die bisher staatlich festgelegten und subventionierten Preise für Strom, Mieten, Gas und Transport steigen, die Löhne liegen bei umgerechnet 80 Mark – auf dem Niveau Albaniens. Weil viele Betriebe nicht mehr arbeiten, die Angestellten aber nominell – und ohne Lohn – weiter beschäftigt sind, gibt es keine zuverlässigen Daten – aber die Arbeitslosigkeit ist hoch.

Zugleich erhöhen die wirtschaftlichen Erfolge Sloweniens und Kroatiens die Erwartungen. Denn anders als andere osteuropäische Staaten hatte das alte Jugoslawien schon seit den Siebzigerjahren Wirtschaftsreformen durchgeführt. Der so begründete Optimismus trügt jedoch. In Serbien wurden viele Refomen blockiert. Nicht zuletzt dadurch kam es Ende der Achtzigerjahre zum Auseinanderbrechen Jugoslawiens. Und während in Slowenien und Kroatien in moderne Industrien investiert wurde, stützte sich die serbische Wirtschaft auf die Schwerindustrie – Kohle, Eisen, Stahl.

Hinzu kommt, dass in den letzten zehn Jahren kaum in die durch die Nato-Bomben zerstörte Wirtschaft und Infrastruktur investiert worden ist. Vom Krieg profitierte nur die einst herrschende Klasse: Mehrere Milliarden Mark wurden aus Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie dem Kosovo herausgeholt. Dieses Vermögen wurde jedoch „konsumiert“. Auch die Korruption hinterließ Spuren. Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit und mangelnde Initiative.

Für Djindjić ist „der Hauptgegner für die Umgestaltung die vom Milošević-System geschaffene Mentalität“. Dazu gehört es, lieber einen Job im Staatsdienst als in der freien Wirtschaft anzustreben. Djindjić stöhnte kürzlich: „Es ist leicht, einen Polizeiminister, jedoch sehr schwer, einen kompetenten Mann für die Finanzen zu finden.“

„Wir müssen Ideen entwickeln, selbstständig arbeiten lernen, uns aus der Lethargie reißen“, sagte er der taz. Es fehlt auch der DOS an geeignetem Personal – Vetternwirtschaft gibt es auch in den von der Opposition verwalteten Regionen.

Djindjić hofft nun auf Fachleute von außen – Serben, die in der Milošević-Zeit gingen und Erfolg hatten. „Angemessene Gehälter können wir nicht bieten“, schränkt er jedoch ein und appelliert an den „Patriotismus“ der Rückkehrer. E. RATHFELDER